Jüdische Friedhöfe – Rundgänge Mai / Juni 2025

Jüdische Friedhöfe – Rundgänge Mai / Juni 2025

Das Wetter wird besser, die Nachfragen nehmen zu und ich würde mich sehr freuen, wenn Sie an dem einen oder anderen Termin Zeit finden für einen Rundgang über die jüdischen Friedhöfe in Eisenstadt, Kobersdorf und Lackenbach sowie eventuell auch Mattersburg.

TERMINE

Freitag, 25. April 2025, 14.30 Uhr: Kobersdorf ‒ Lackenbach
Sonntag, 27. April 2025, 10 Uhr: Eisenstadt, älterer und jüngerer jüdischer Friedhof

Freitag, 23. Mai 2025, 14.30 Uhr: Kobersdorf ‒ Lackenbach
Sonntag, 25. Mai 2025, 10 Uhr: Eisenstadt älterer und jüngerer jüdischer Friedhof

Freitag, 13. Juni 2025, 14.30 Uhr: Kobersdorf ‒ Lackenbach
Sonntag, 15. Juni 2025, 10 Uhr: Eisenstadt älterer und jüngerer jüdischer Friedhof

Bitte beachte:

  • In Eisenstadt gibt es zwei jüdische Friedhöfe, die nur wenige Meter von einander entfernt sind, der ältere und der jüngere jüdische Friedhof (s.u.). Auf Wunsch besuchen wir auch das nahe gelegene Wolf-Mausoleum in Eisenstadt.
  • Die beiden jüdischen Friedhöfe Kobersdorf und Lackenbach sollten, so empfehle ich, an einem Termin gemeinsam besucht werden. Sie liegen nicht nur wenige Autominuten von einander entfernt, sondern sind auch zwei jüdische Friedhöfe, die auf den ersten Blick verschiedener nicht sein können.
  • In Kobersdorf besuchen wir selbstverständlich auf Wunsch auch gerne die renovierte ehemalige Synagoge.
  • Auf Wunsch können wir auch den jüdischen Friedhof Mattersburg besuchen. Das ist sowohl vor/nach Kobersdorf – Lackenbach, als auch vor/nach Eisenstadt, oder auch als exklusiver Termin möglich.
Die Rundgänge dauern ca. 90 Minuten bis 2 Stunden, Unkostenbeitrag: 15 Euro / Person, Mindestteilnehmer:innen-Anzahl: 5.
Anmeldung (erforderlich): Bitte schreiben Sie mir eine E-Mail oder rufen Sie mich an. Ich freue mich auf die Rundgänge!
 

FRIEDHÖFE

EISENSTADT ‒ der ältere jüdische Friedhof

Der ältere jüdische Friedhof in Eisenstadt gehört zu den bekanntesten und bedeutendsten jüdischen Friedhöfen in Österreich und in Europa.

Älterer jüdischer Friedhof in Eisenstadt
Älterer jüdischer Friedhof in Eisenstadt

Über 1.100 Grabsteine, kein einziger nicht hebräischer Buchstabe, der älteste jüdische Grabstein des Burgenlandes aus dem Jahr 1679 und das Grab des großen ersten und langjährigen Rabbiners von Eisenstadt, der posthum den Namen seiner Stadt erhielt und als Rabbi Meir Eisenstadt, gest. 1744, weltberühmt wurde. Hunderte jüdische Pilger besuchen an seinem Todestag (zu seiner Jahrzeit) alljährlich sein Grab. Fast ebenso viele besuchen die Gräber der Eltern eines der größten und bekanntesten Rabbiner der jüngeren Geschichte, des am 29. Oktober 1761 in Eisenstadt geborenen Akiba Eger. Sowohl seine Mutter, sein Vater, zwei seiner Schwestern sowie sein Bruder und seine Groß– und Urgroßeltern sind am älteren jüdischen Friedhof in Eisenstadt begraben.
Wir finden aber auch faszinierende Symbole auf den Grabsteinen wie Löwen, ein Lamm, einen ruhenden Hirsch usw.

 

EISENSTADT ‒ der jüngere jüdische Friedhof

Der jüngere jüdische Friedhof in Eisenstadt, nur 2 Gehminuten vom älteren Friedhof entfernt, erlangte traurige Berühmtheit durch seine Schändung im Herbst 1992, als 88 Grabsteine mit Naziparolen und -symbolen beschmiert wurden. Geschändet wurde der Friedhof schon im April 1891.

Jüngerer jüdischer Friedhof Eisenstadt, Panorama
Jüngerer jüdischer Friedhof Eisenstadt

Der jüngere jüdische Friedhof, der zwischen 1875 und 1938 belegt wurde, zeigt sehr deutlich den katastrophalen Zustand. Wie ist es möglich, dass Grabsteine 120 Jahre und mehr in gutem Zustand überlebten und ihre Inschriften gut lesbar erhalten blieben und in knapp 30 Jahren der Verfall eklatant ist: Auffällig viele Grabsteine sind in dieser kurzen Zeit zerbrochen, aus der Erde gerissen/gehoben, in die Erde (fast) versunken, umgefallen, erodiert, mit Moos und/oder Flechten völlig überwachsen, die Inschriften durch die Vegetation oder Erosion nicht mehr sichtbar und nicht mehr lesbar.
Am jüngeren jüdischen Friedhof finden wir unter den knapp 300 Grabsteinen auch die Gräber der berühmten Eisenstädter Familie Wolf. Ebenfalls am Friedhof begraben sind die Eltern von Irma Hirschler, die in die berühmte Triestiner Spirituosendynastie Stock geheiratet hatte, Therese Einhorn, die erste Frau des Großvaters des Nobelpreisträgers für Physik Eugene Wigner sowie Schwiegervaters von Paul Dirac, ebenfalls Nobelpreisträger für Physik. Spannend etwa auch, dass in den ursprünglichen drei ersten Reihen nur Männer begraben sind, erst in der 4. Reihe die erste Frau und sie sowie alle anderen dieser Reihe in die andere Richtung als die ersten drei Reihen…

 

KOBERSDORF

In Kobersdorf befindet sich einer der schönsten jüdischen Waldfriedhöfe mit unvergleichlicher Stimmung.

Jüdischer Friedhof Kobersdorf, Panorama im Herbst
Jüdischer Friedhof Kobersdorf, Panorama im Herbst

Auf den heute 650 Grabsteinen finden sich weltweit einzigartige Symbole wie die Ewigkeitsschlange oder auch der Hammer des sogenannten Schulklopfers, der Anfang März 1898 starb. Rabbiner David Alt diente der jüdischen Gemeinde 43 Jahr lang, sein Sohn Eleasar folgte ihm gut 20 Jahre später und war über 20 Jahre lang Rabbiner in Kobersdorf. Auch die 4 Opfer der schrecklichen Hochwasserkatastrophe in Kobersdorf im Juni 1895 finden sich am jüdischen Friedhof. Besonders bewegend: Moritz Maier, so lesen wir in der hebräischen Grabinschrift und auch im Sterbebuch von Kobersdorf, wurde erst 4 Monate nach der Katastrophe, im Oktober 1895, im Schlamm gefunden und konnte erst dann neben seiner Familie begraben werden.
In Kobersdorf waren die Nazis ganz besonders schnell. Schon im Frühling 1938 waren alle Juden aus Kobersdorf vertrieben worden. Über ein besonders Datum, den 20. April 1938, werden wir am jüdischen Friedhof natürlich auch sprechen: Über den letzten Rabbiner der Gemeinde, Simon Goldberger und den 2019 gefundenen Grabstein, der über jenem Grab stand, in dem die sich noch im Ort befindlichen Juden 13 Torarollen vor den Nazis gerettet haben.

Moritz Maier, Rosalia Maier, geb. Riegler, Josefine Maier, 06. Juni 1895
Grabsteine Moritz (Meir) Maier, Rosalia (Sara Chaja) Maier, geb. Riegler, Josefine (Perl) Maier, 14. Siwan 655 (= Donnerstag, 06. Juni 1895)

Selbstverständlich besuchen wir in Kobersdorf (auf Wunsch) auch die prachtvoll renovierte ehemalige Synagoge. Die zu Pesach 1860 feierlich eröffnete Synagoge wurde 1938 von den Nazis innen verwüstet. 2019 kaufte das Land Burgenland die ehemalige Synagoge, am 26. April 2022 wurde sie als Kultur-, Wissenschafts- und Bildungszentrum mit einem Schwerpunkt auf jüdischer Kultur und Geschichte wiedereröffnet. Mehr Informationen auf der Website Land Burgenland.

Ehemalige Synagoge Kobersdorf, Foto: Mai 2022
Ehemalige Synagoge Kobersdorf, Foto: Mai 2022
 

LACKENBACH

Der jüdische Friedhof Lackenbach ist mit über 1.700 Grabsteinen der größte jüdische Friedhof im Burgenland und der viertgrößte jüdische Friedhof in Österreich.

Jüdischer Friedhof Lackenbach am 28. Februar 2025
Jüdischer Friedhof Lackenbach am 28. Februar 2025

Der jüdische Friedhof Lackenbach zeigt sich in Polaritäten: Nur wenige Meter entfernt von der Ruhestätte des großen Gelehrten Rabbi Schalom Ullmann (Scholem Charif – der Scharfsinnige), gest. 1825, mit auffällig schöner hebräischer Inschrift, oder des Grabsteines von Rabbiner Benjamin Asch, des Sohnes des berühmten Eisenstädter Vaters, gest. 1770, befinden sich die “Nobelgerüste a la Döblinger Friedhof”, wie der Wiener Journalist Otto Abeles die Grabmale von Philipp und Markus Schey, des Urgroßvaters von Arthur Schnitzler, nennt.

 

MATTERSBURG

Eine alte Sage schreibt die Gründung der jüdischen Gemeinde sechs sefardischen Emigrantenfamilien am Ende des 15. Jahrhunderts zu. Angehörige der Familie Schischa (hebräisch “sechs”), die sich als Nachkommen dieser Emigranten verstanden, lebten bis 1938 in Mattersburg (bis zum 2. Juli 1926 “Mattersdorf”) und sind heute über alle Welt verstreut.

Der jüdische Friedhof in Mattersburg heute
Der jüdische Friedhof in Mattersburg heute

Wir wissen heute nicht, wie viele Grabsteine sich vor 1945 auf dem jüdischen Friedhof in Mattersburg befanden, wir wissen auch nicht ganz sicher, was mit ihnen geschah. Wir haben auch keinen alten Friedhofsplan, sodass wir auch nicht wissen, wo auf dem Friedhof sich welcher Grabstein / welches Grab befunden hat. Wir haben nicht einmal genügend alte Fotos, die uns ermöglichen würden, einen solchen Plan heute zu erstellen.
Heute befinden sich auf dem jüdischen Friedhof einige wenige alte Grabsteine sowie viele hunderte Grabsteinfragmente, die in zwei große und mehrere kleine nach 1945 errichtete Mauern eingemauert wurden. Zudem stehen 150 “Dummy-Grabsteine” auf dem Friedhof, eine meines Erachtens nicht besonders glückliche Lösung.

Dass wir dennoch 229 Fotos und Grabinschriften besitzen (es müssten sehr wahrscheinlich um die 1.000 sein), verdanken wir einem unglaublichen Zufall und Isidor Öhler, dem Religionsschulinspektor, der 1943 oder 1944 von der Gestapo den Auftrag bekam, alle Grabsteine des jüdischen Friedhofs Mattersburg zu fotografieren und die Inschriften abzuschreiben.

Selbstverständlich werden wir aber auch über die “Petites”, über die Ränke und Schelmenstreiche der Mattersdorfer Juden, für die sie fast berühmt waren, sprechen.

 

Bei allen Rundgängen sprechen wir auch über Brauchtum und Vorschriften rund um den jüdischen Friedhof (wie sind die Grabsteine ausgerichtet?, warum legt man kleine Steine auf die Gräber?, gibt es Familiengräber?…), über Tod und Begräbnis im Judentum, übersetzen faszinierende hebräische Grabinschriften und tauchen einerseits in die Blütezeit der jüdischen Gemeinden in der Mitte des 19. Jahrhunderts ein, als manche Rabbiner über 50 Jahre ihres Amtes walteten. Wir erleben aber auch die in den letzten Jahren ihrer Existenz dramatisch-traurige jüdische Geschichte von bedeutenden ehemaligen jüdischen Gemeinden im heutigen Burgenland.

 

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