Personenregister jüdischer Friedhof Lackenbach
Die Grabinschrift
[1] S(eine Seele) g(ing hinweg) am Tag 4 (= Mittwoch), 16. Nisan 530 | י”נ יום ד” ט”ז ניסן תק”למד |
[2] n(ach der) k(leinen) Z(eitrechnung). | לפ”ק |
[3] Wem soll ich dich vergleichen? Was ist dir ähnlich? | מה אערוך מה אדמה לך |
[4] Perle unschätzbaren Wertes. Oh wie schade | מרגניתא דלית טימי חבל |
[5] um alle, die verloren gegangen sind und nicht mehr gefunden werden. | על דאבדין ולא משתכחין |
[6] D(er vollkommene) A(luf) (= Vorsteher), der Rabbiner, d(er Vorsitzende) d(es rabbinischen Gerichts)h(ofes), d(ie gro)ße L(euchte), u(nser Lehrer), d(er Herr) u(nd unser) M(eister) | הה הרב אב”ד המאהג מהור |
[7] Benjamin, S(ohn) des Bezirksrabbiners (= Rabbiners der Sieben-Gemeinden), des großen, überragenden Gelehrten | בנימן בהרב מדינה הגאון |
[8] MaHaRaM (= unser Lehrer, der Herr, Rabbi Meir) Asch […]. | מהרם אש […] |
[9] S(eine) S(eele) m(öge eingebunden sein) i(m Bund) d(es Lebens). | תנצבה |
Anmerkungen
Zeile 1: In der Jahreszahl ist der letzte Buchstabe ל mit dem Zahlenwert 30 ausgeschrieben als Buchstabenname “Lamed” למד. Das offensichtlich aus Gründen der Symmetrie, der Zahlenwert bleibt ohnehin gleich.
Zeile 3: Klagelieder 2, 13 (über die Tochter Jerusalems) מָה אעודך [אֲעִידֵךְ] מָה אֲדַמֶּה לָךְ. Für das zweite Wort wird in der hebräischen Bibel von den Masoreten eine Lesung (Qere = “was zu lesen ist”) vorgeschlagen (siehe eckige Klammer) und damit die Bedeutung mit “dir bezeugen, dir sagen” festgelegt.
Allerdings zitiert die Grabinschrift das usprüngliche und nicht das von den Masoreten korrigierte Wort אערוך, also das Ketiv (“was geschrieben ist”), mit der Lesung אֶעֱרֹך und der Bedeutung “gegenüberstellen, vergleichen, gleich sein”. Die selbe Wortbedeutung finden wir auch in anderen Bibelstellen wie zB in Psalm 40,6: אֵ֤ין ׀ עֲרֹ֬ךְ אֵלֶ֗יךָ “Niemand ist Dir gleich”. Allerdings, nur der Korrektheit halber angemerkt, finden wir im Bibeltext אעודך (was natürlich dann zur vorgeschlagenen Lesung der Masoreten führt), in der Grabinschrift findet sich aber אערוך, also sozusagen die unkokalisierte Schreibung der intendierten Lesung. Auch die Vulgata (lateinische Bibelübersetzung): “conparabo te”.
Zeile 4b/5: Raschi zu Exodus 6,9 (mit Kontext) אָמַר לוֹ הַקָּבָּ”ה “חֲבַל עַל דְּאָבְדִין וְלָא מִשְׁתַּכְּחִין” – יֵשׁ לִי לְהִתְאוֹנֵן עַל מִיתַת הָאָבוֹת “Da sprach der Heilige, gepriesen sei Er, zu ihm, es ist zu bedauern, dass jene verschwunden (i.e. die Patriarchen!) und nicht zu finden sind, ich beklage, dass die Stammväter gestorben sind.
Zeile 7: Es müsste בנימין ברב המדינה lauten o.Ä., jedenfalls nicht …בהרב מדינה. Wir finden die selbe Formulierung schon in der Grabinschrift seines Vaters.
Die Inschrift ist eindeutig nachgezogen. Es könnte vermutet werden, dass der Fehler im Zusammenhang mit dem falschen Verstehen dieser Zeile steht, bes. des Wortes מדינה, siehe v.a.:
Dennoch ist mir auch der beim Nachziehen intendierte Sinn der Buchstabenkombination zwischen dem Vornamen בנימין und dem “Land” מדינה nicht klar. Aufgelöst kann diese Zeile nur so werden wie oben in der Übersetzung.
In jedem Fall ist ein solcher Fehler in einer Inschrift eines großen rabbinischen Gelehrten überraschend.
Biografische Notizen
Benjamin Asch, gest. 16. Nisan 530 = Mittwoch, 11. April 1770
Sein Vater ist niemand Geringerer als der berühmte und bis heute hochverehrte MaHaRaM Eisenstadt, der 1744 in Eisenstadt starb und am älteren jüdischen Friedhof der Stadt begraben ist.
Ein Sohn Benjamins war Salomo, der ein gelehrter Mann war, aber kein rabbinisches Amt bekleidete. Sein Schwiegersohn Jakob aus Schlaining bei Rechnitz war ein Schüler seines Großonkels Elasar Kallir.
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