Maier Moritz, Maier Rosalia, Maier Josefine – 06. Juni 1895

Maier Moritz, Maier Rosalia, Maier Josefine – 06. Juni 1895

Personenregister jüdischer Friedhof Kobersdorf

Moritz (Meir Löb) Maier, Rosalia Maier (Mayer), geb. Riegler, Josefine Maier (Mayer), 14. Siwan 655 (= Donnerstag, 06. Juni 1895)

Grabsteine Moritz (Meir Löb) Maier, Mayer (sic!) Rosalia, geb. Riegler, Josefine Mayer, 14. Siwan 655 (= Donnerstag, 06. Juni 1895)
Grabsteine Moritz (Meir Löb) Maier, Mayer (sic!) Rosalia, geb. Riegler, Josefine Mayer, 14. Siwan 655 (= Donnerstag, 06. Juni 1895)

 

Die drei Rundbögen: Rechts ‒ Mittel ‒ Links: Die Grabinschrift

Inschrift Sanwil 1810: Zeilengerechte Transkription und Übersetzung
[Rechts] Es starben die drei an einem Tag, als מתו שלשתן ביום אחד עת
[Mitte] zerstört wurden unsere Häuser durch ein gewaltiges Wasser. נחרבו בתינו עי מים כבירים
[Links] Sie starben am 14. Siwan 655 n(ach der) k(leinen) Z(eitrechnung). מתו ביום יד סיון תרנה לפק
 

Rechts: Die Grabinschrift

Inschrift Meir Maier: Zeilengerechte Transkription und Übersetzung
[1] H(ier liegt) b(egraben) d(er ehrbare) H(err), H(err) פנ כהרר
[2] Meir, מאיר
[3] S(ohn des) e(hrbaren Herrn) Beer Löb Maier, s(ein Andenken) m(öge bewahrt werden). בה בער ליב מייער זל
[4] Wer kann bestehen am Tag des Zorns Gottes? מי יעמוד ביום זעם ה
[5] Der Stein schreit bitter aus der Mauer, אבן מקיר תזעק מרה
[6] Ihre Seele ging gemeinsam hinweg, schnell. יצאה נשמתם יחד מהרה
[7] Erst nach 4 Monaten fand er Ruhe. רק אחר ד” חדשים מצא מנוחה
 

Mitte: Die Grabinschrift

Inschrift Rosalia Maier: Zeilengerechte Transkription und Übersetzung
[1] H(ier liegt) b(egraben) die Frau פנ האשה
[2] Chaja Sara, חיה שרה
[3] E(hefrau des) H(errn) Meir Maier, s(ein Andenken) m(öge bewahrt werden). א ה מאיר מייער זל
[4] Vergeblich wird man zu IHM sagen, was hast DU da gemacht? חנם יאמר לו מה תעשה
[5] Ist unser Schmerz zu vergleichen? יש מכאוב שלנו להשוה
[6] Habt ihr uns nicht seufzend zurückgelassen? הלא עזבתם אותנו לאנחה
[7] Sara, unsere Mutter: Ach, würden wir doch Trost finden! שרה אמנו אנה נמצא נוחמה
 

Links: Die Grabinschrift

Inschrift Josefine Maier: Zeilengerechte Transkription und Übersetzung
[1] H(ier liegt) b(egraben) die unverheiratete Frau פנ הבתולה
[2] Perl, פערל
[3] T(ochter des) H(errn) Meir Maier, s(ein Andenken) m(öge bewahrt werden). בה מאיר מייער זל
[4] DER vollkommen werkt, zürnte über uns. פועל תמים עלינו חרה
[5] Kein Auge hat so etwas je gesehen. עין כזאת לא ראה
[6] Tief untergegangen sind wir und hatten keine Hoffnung. רדנו מאד ואין לנו תקוה
[7] Ihrer möge sich erbarmen DER in der Wohnstätte weilt. למענם ירחם שוכן מעונה
 

Letzte Zeile, über alle drei Grabsteine

Inschrift Sanwil 1810: Zeilengerechte Transkription und Übersetzung
[8] I(hre) S(eelen) m(ögen eingebunden sein) i(m Bund) d(es Lebens). תנצבה
 

Anmerkungen

Alle drei hier Begrabenen sind im Zuge der schrecklichen Hochwasserkatastrophe am 6. Juni 1895 ertrunken. Das vierte jüdische Opfer war der vierjährige Sigmund (Simon) Riegler.

Bitte beachten Sie unseren Blogartikel “Als 200 jüdische Familien in Kobersdorf obdachlos wurden.

 

Rundbogen rechts

Eine richtige Lesung vorausgesetzt, ist mir nicht klar, warum שלשתן (weibliche Form) statt שלשתם (maskuline Form, die für Frauen und Männer gilt). Begraben sind hier 1 Mann und 2 Frauen. Vgl. im Gegensatz dazu Zeile 6 der Grabinschrift des rechten Grabsteins, wo die maskuline Form verwendet wird (s. dazu auch Anmerkung unten).

 

Grabinschrift rechts

Zeile 4: Vgl. Nachum 1,6 לפני זעמו מי יעמוד “Wer kann vor seinem Groll bestehen?”

Zeile 5: Habakuk 2,11: כי אבן מקיר תזעק “Denn der Stein schreit aus der Mauer”.

Zeile 6: Es handelt sich beim Substantiv um den Singular mit Suffix 3. Person Plural: also “Ihre (von den drei Verstorbenen!) Seele”. Ich hätte eher erwartet: יצאו נשמותיהם “ihre Seelen gingen hinweg”.

Zeile 7: Die Leiche von Moritz (Meir) Maier wurde erst im Oktober 1895, also vier Monate nach dem tragischen Tod durch Ertrinken identifiziert und ist erst mit 16. Oktober 1895 im Sterbebuch eingetragen (s.u. Biografie).

Zeile 4 bis 7 Akrostichon: Die Anfangsbuchstaben ergeben den hebräischen Vornamen des Verstorbenen (מאיר).

 

Grabinschrift Mitte

Zeile 4: Kohelet 8,4 ומי יאמר לו מה תעשה “Wer darf zu ihm sagen: Was machst du?” Siehe besonders auch Raschi zur Stelle, weiters u.a. Bereschit Rabba 55,3 und v.a. Machsor Vitry, “Die Gesetze des Trauerns, Siman 277. In der Grabinschrift ist natürlich der HERR gemeint.

Zeile 5: Vgl. Klagelieder 1,12: לוא אליכם כל עברי דרך הביטו וראו אם יש מכאוב כמכאבי אשר עולל לי אשר הוגה יהוה ביום חרון אפו: “Euch allen, die ihr vorübergeht, sage ich: »Schaut doch und seht, ob irgendein Schmerz ist wie mein Schmerz, der mich getroffen hat; denn der HERR hat Jammer über mich gebracht am Tage seines grimmigen Zorns.”

Zeile 7: אנה für אנא.
נוחמה s. Jesaja 54,11.

Zeile 4 bis 6 vertikal und Zeile 7 erstes Wort: Akrostichon: Die Anfangsbuchstaben der Zeilen 4 bis 6 ergeben den ersten hebräischen Vornamen der Verstorbenen חיה, der zweite Vorname שרה ist das erste Wort in Zeile 7.

 

Grabinschrift links

Zeile 4: Mit פועל תמים “Der vollkommen wirkt” ist natürlich der HERR gemeint.

Zeile 6: M.E. von ירד, v.a. wegen des Akrostichons (s.u.). Die Wurzel רוד (die konkrete Form רדנו wäre in Jeremia 2,31 belegt) “umherschweifen” scheint mir hier nicht zu passen.

Zeile 7: למענם “Um ihretwillen” (jedenfalls Plural, gemeint ist also offensichtlich nicht nur Josefine, sondern gemeint sind alle drei Verunglückten).

שוכן מעונה S. Deuteronomium 33,27 מעונה אלהי קדם… “Eine Wohnung ist der Gott der Urzeit…”; s. auch gegen Ende der Pesach-Haggada, beim 4. Glas Wein: זָךְ שׁוֹכֵן מְעוֹנָה “Du, der in Himmels Höhen thront”.

Zeile 4 bis 7 Akrostichon: Die Anfangsbuchstaben ergeben den hebräischen Vornamen der Verstorbenen (פערל).

 

Biografische Notizen

Moritz (Meir) Maier, geb. ca. 1838 (Geburt nicht im Geburtsbuch Kobersdorf gefunden), als Sohn des Löbl Maier, Gerber in Kobersdorf, Hausierer, wh.: Kobersdorf 157b, gest. 14. Siwan 655 = Donnerstag, 06. Juni 1895 um 04 Uhr am Morgen mit 57 Jahren durch Ertrinken in Folge der Hochwasserkatastrophe in Kobersdorf. Gefunden, identifiziert und daher auch eingetragen wurde die Leiche allerdings erst 4 Monate nach dem Tod, am 16. Oktober 1895. Moritz Riegler bestätigt die Identität des Toten.

Eintrag Sterbebuch Kobersdorf, Moritz (Meir) Maier, 06. Juni 1895, eingetragen am 16. Oktober 1895
Eintrag Sterbebuch Kobersdorf, Moritz (Meir) Maier, 06. Juni 1895, eingetragen am 16. Oktober 1895
 

Ehefrau: Rosalia (Chaja Sara) Mayer (sic!), geb. Riegler ca. 1845 (Geburt nicht im Geburtsbuch Kobersdorf gefunden), Hausfrau, gest. 14. Siwan 655 = Donnerstag, 06. Juni 1895 mit 50 Jahren durch Ertrinken in Folge der Hochwasserkatastrophe in Kobersdorf, begraben am 09. Juni.

Eintrag Sterbebuch Kobersdorf, Rosalia (Chaja Sara) Maier, geb. Riegler, 06. Juni 1895
Eintrag Sterbebuch Kobersdorf, Rosalia (Chaja Sara) Maier, geb. Riegler, 06. Juni 1895
 

Tochter von Moritz (Meir) und Rosalia (Chaja Sara) Maier (Mayer): Josefine / Pepi (Perl) May/ier, geb. 16. Oktober 1871 in Kobersdorf, Hausfrau, unverheiratet, gest. 14. Siwan 655 = Donnerstag, 06. Juni 1895 mit 23 Jahren durch Ertrinken in Folge der Hochwasserkatastrophe in Kobersdorf, begraben am 09. Juni 1895.

Eintrag Geburtsbuch Kobersdorf, Pepi Maier, 16. Oktober 1871
Eintrag Geburtsbuch Kobersdorf, Pepi Maier, 16. Oktober 1871
 
Eintrag Sterbebuch Kobersdorf, Josefine (Perl) Maier, geb. Riegler, 06. Juni 1895
Eintrag Sterbebuch Kobersdorf, Josefine (Perl) Maier, geb. Riegler, 06. Juni 1895
 

Weitere Kinder von Moritz (Meir) und Rosalia (Chaja Sara) Maier (Mayer):

Baruch Maier, geb. 10. Juni 1875 in Kobersdorf

Eintrag Geburtsbuch Kobersdorf, Baruch Maier, 10. Juni 1875
Eintrag Geburtsbuch Kobersdorf, Baruch Maier, 10. Juni 1875
 

Hani Maier, geb. 24. Dezember 1877 in Kobersdorf, gest. im Alter von 2 Monaten und 13 Tagen am 07. März 1878 in Kobersdorf an Fraisen

 

Knabe o.N. (Totgeburt), geb. und gest. 26. Juli 1879 in Kobersdorf

 

Bitte beachten Sie unseren Blogartikel “Das große Wasser.

 

Personenregister jüdischer Friedhof Kobersdorf

 

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