Jaul Peralina – 12. Oktober 1841

Jaul Peralina – 12. Oktober 1841

Personenregister jüdischer Friedhof Kobersdorf

Peralina (Perl) Jaul, 28. Cheschwan 602 (= Freitag, 12. Oktober 1841)

Grabstein Peralina (Perl) Jaul, 28. Cheschwan 602 = Freitag, 12. Oktober 1841
Grabstein Peralina (Perl) Jaul, 28. Cheschwan 602 = Freitag, 12. Oktober 1841

 

Die Grabinschrift

Inschrift Peralina Jaul: Zeilengerechte Transkription und Übersetzung
[1] {Blume, von der Ewigkeitsschlange umgeben} {פרח מוקף באורובורוס}
[2] Hier liegt begraben ein Kind der Liebkosungen פה נקברת ילד שעשועים
[3] Perl, פערל
[4] Tochter des erhabenen, d(es ehrbaren) H(errn) Samuel, u(nser Fels = Gott) m(öge ihn) s(egnen und beschützen). בת המרומם כה שמואל יצו
[5] Abgewendet hat sich deine Pracht, dein Glanz und deine Schönheit. פנה הודך זיוך והדרך
[6] Über uns kam das Unglück ob des Niederbruchs. עלינו בא השבר על שבר
[7] Unsere Tränen sind zahlreich, es gibt keine Linderung, רבו דמעותינו מאין הפגות
[8] um Verzeihung zu finden für die Verfehlungen. למצא סליחה לכל עונות
[9] I(hre Seele) g(ing hinweg) a(m Vorabend) d(es heiligen) Sch(abbat), 28. Cheschwan 602 n(ach der) k(leinen) Z(eitrechnung). ינ בעשק כח חשון תרב לפק
[10] I(hre) S(eele) m(öge eingebunden sein) i(m Bund) d(es Lebens). תנצב”ה
 

Anmerkungen

Der Grabstein steht derzeit an der vorderen Mauer des Friedhofes, siehe dazu meine beiden Artikel “Jüdischer Friedhof Kobersdorf: Schwere Arbeit I” und “Jüdischer Friedhof Kobersdorf: Schwere Arbeit II”.

Ich hab mich sehr gefreut, als wir diesen schönen Grabstein mit der sehr gut erhaltenen Inschrift freilegen konnten, da er (für mich) sofort als der Schwesterstein von Sarel Jaul erkennbar war. Beide Inschriften haben eine sehr ähnlich strukturierte Inschrift, vor allem in den ersten Zeilen wortident, in beiden Inschriften wird eine Schuld der Mutter bzw. der Eltern angedeutet, am Kopf beider Inschriften befindet sich die Ewigkeitsschlange, die ein Blümchen umschließt. Es ist übrigens der mir bekannte einzige Fall auf den beiden Grabsteinen, dass sich der Ouroboros (Ewigkeitsschlange) nicht am Fuß der Inschrift, sondern am Kopf der Inschrift befindet. Und, wenn auch sicher nicht beabsichtigt, beide Mal finden wir eine Datumsdifferenz zwischen dem Sterbedatum der hebräischen Inschrift und jenem des Sterbebuches, bei Sarel Jaul sogar eine Differenz von einem Monat sowie zusätzlich einen schweren Fehler in der hebräischen Datumsangabe.

Zeile 1: Symbol “Die Ewigkeitsschlange umschlingt ein Blümchen”. Die Blume steht hier wohl als Symbol für Reinheit und Unschuld, die Ewigkeitsschlange beschützt die unschuldigen toten Kinder. Das Symbol der Blume finden wir häufig auf Grabsteinen von Mädchen. Siehe auch den Artikel “Dem Ouroboros auf der Spur” von Esther Heiss.

Zeile 2: Jeremia 31,20 (über Ephraim): יֶ֣לֶד שַׁעֲשֻׁעִ֔ים “ein liebes Kind”.

Zeile 5: Berachot Rabba 68,6 und Verweis darauf von Raschi zu Genesis 28,10 פָּנָה הוֹדָהּ פָּנָה זִיוָהּ פָּנָה הֲדָרָהּ “so weicht ihre Pracht, ihr Glanz und ihre Schönheit”.

Zeile 7: S. Klagelieder 3,49 עֵינִ֧י נִגְּרָ֛ה וְלֹ֥א תִדְמֶ֖ה מֵאֵ֥ין הֲפֻגֽוֹת׃ “Mein Auge fließt und ruht nicht, es gibt keine Linderung.”

Zeile 8: Vgl. das Ne’ila-Gebet (Schlussgebet) von Jom Kippur, in dem es heißt: שֶׁתָּשִׂים דִּמְעוֹתֵינוּ בְּנֹאדְךָ לִהְיוֹת. וְתַצִּילֵנוּ מִכָּל גְּזֵרוֹת אַכְזָרִיּוֹת. כִּי לְךָ לְבַד עֵינֵינוּ תְלוּיוֹת:׃ “Möge es Dein Wille sein, Du, der Du die Stimme des Weinens hörst, dass Du unsere Tränen in Deine Hautflasche [von Tränen] legst, um sie zu bewahren; und bewahre uns vor allen grausamen Entscheidungen, denn auf Dich allein richten sich unsere Augen.”

Selbstverständlich fällt der Vergleich mit Zeile 8 in der Inschrift der Schwester Sarel sofort auf. Denn auch dort ist von Schuld und der Vergebung der Schuld die Rede. Siehe dort auch meine Anmerkung.

 

Biografische Notizen

Peralina (Perl) Jaul, geb. 29. Jänner 1833 in Kobersdorf, gest. mit 7 Jahren am 28. Cheschwan 602 (= Freitag, 12. Oktober 1841) in Kobersdorf. Datumsdifferenz von 2 Tagen zum Sterbedatum im Sterbebuch: (Mittwoch) 10. Oktober 1841, begraben (Donnerstag) 11. Oktober 1841. Hier wird dem Sterbedatum der hebräischen Grabinschrift der Vorzug gegeben, weil ausdrücklich auch der Wochentag (Vorabend des heiligen Schabbat = Freitag) angegeben ist.
Ignorieren wir den Wochentag in der hebräischen Inschrift und lesen כה, also “25” statt כח, wäre Peralina trotzdem schon am Dienstag, 9. Oktober = 25. Cheschwan gestorben und nicht am 10. Oktober.
Übrigens: Bei Schwester Sarel finden wir eine grobe Ungenauigkeit des Sterbedatums in der hebräischen Grabinschrift und damit eine Datumsdifferenz von fast einem Monat zum bürgerlichen Sterbedatum!

Eintrag Geburtsbuch Kobersdorf, Peralina Jaul, 29. Jänner 1833
Eintrag Geburtsbuch Kobersdorf, Peralina Jaul, 29. Jänner 1833
Eintrag Sterbebuch Kobersdorf, Peralina Jaul, 12. Oktober 1841
Eintrag Sterbebuch Kobersdorf, Peralina Jaul, 12. Oktober 1841

Vater: Samuel Jaul
Mutter: Leny (Jaul)

Schwester: Saly (Sarel) Jaul, geb. 25. März 1837 in Kobersdorf, gest. mit 10 Jahren am 13. Juni 1847 mit 10 Jahren, begraben am jüdischen Friedhof Kobersdorf. Der Grabstein steht ‒ im Gegensatz zu jenem ihrer Schwester ‒ noch an Ort und Stelle.

 

Personenregister jüdischer Friedhof Kobersdorf

 

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