Personenregister jüdischer Friedhof Kobersdorf
Michael Zollschein, 14. Elul 688 (= Dienstag, 21. August 1888)
Die Grabinschrift
[1] H(ier liegt) b(egraben) ein unverheirateter Mann, ausgezeichnet in der Tora, [d(er ehrbare)] H(err) | פנ בחור מופלג בתורה [כ]הר |
[2] Michael, | מיכאל |
[3] Sohn u(nseres Lehrers), H(errn) Jesaja Zollschein, s(ein Andenken) m(öge bewahrt werden). | בן מוה ישעיה צאלשיין ז”ל |
[4] Er verstarb am 14. Elul im Jahr “Du mögest Erbarmen haben” (= 648) | נפטר יד אלול בשנת תרחם |
[5] n(ach der) k(leinen) Z(eitrechnung). | לפק |
[6] Bitter weinte jeder, der ihn kannte. | מר בכו כל מכיר אותו |
[7] Tag und Nacht sann er über seine Lehre. | יומם ולילמ הגה בתורתו |
[8] 22 Jahre alt wurde er nur. | כב שנה היו כל ימי שנותיו |
[9] Den HERRN fürchtete er alle Tage seines Lebens. | את אלהים ירא כל ימי חיותו |
[10] Zum Ort des Höchsten entflog seine Seele. | למקום העליון פרחה נשמתו |
[11] S(eine) S(eele) m(öge eingebunden sein) i(m Bund) d(es Lebens). | תנצבה |
Anmerkungen
Zeile 3: MORENU bedeutet wörtlich “u(nser) L(ehrer), H(err)”. Den MORENU-Titel erhielten nur besonders gelehrte Männer, Bernhard Wachstein bezeichnet ihn als “synagogaler Doktortitel” (siehe Bernhard Wachstein, Die Inschriften des Alten Judenfriedhofes in Wien, 1. Teil 1540 (?)-1670, 2. Teil 1696-1783, Wien 1912, 2. Teil, S. 15).
Zeile 4: Umstellung der Buchstaben der Jahreszahl des Sterbedatums, um “Du mögest Erbarmen haben” zu erhalten (Sacharja 1,12 und Psalm 102,14).
Zeile 7: S. Psalm 1,2 וּֽבְתוֹרָת֥וֹ יֶהְגֶּ֗ה יוֹמָ֥ם וָלָֽיְלָה “und über seine Lehre nachsinnt Tag und Nacht”.
Zeile 8: Wörtlich: “22 Jahre waren all die Tage seiner Jahre”.
Zeile 9: Ligatur von א und ל in אלהים.
Zeile 6 – 10: Akrostichon: Die Anfangsbuchstaben der Zeile ergeben den Vornamen des Verstorbenen (Michael).
Zeile 10: מקום עליון häufig v.a. im Zohar, etwa: Zohar, Toldot 1 שֶׁכַּאֲשֶׁר נִרְאֶה עִמָּהּ, אָז מְאִירָה, וּמֵאִיר וְזוֹרֵחַ מִמָּקוֹם עֶלְיוֹן שֶׁעוֹמֵד עָלָיו, מִשָּׁם זוֹרֵחַ תָּמִיד. “Denn wenn die Sonne von ihr gesehen wird, leuchtet und strahlt sie von dem höchsten Ort aus, der über ihr ist und von dem aus sie immer aufgeht.”
Biografische Notizen
Michael Zollschein, geb. 21. Jänner 1866 in Kobersdorf, gest. 14. Elul 688 = Dienstag, 21. August 1888 mit 22 Jahren an Lungentuberkulose in Deutschkreutz
Vater (weiland): Simon (Jesaja) Zollschein
Mutter: Regina (Rachel) (Zollschein), Wohnort der Mutter: Deutschkreutz
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