Personenregister jüngerer jüdischer Friedhof Eisenstadt
Ester / Ernestine? Lazarus, 17. Adar 637 (= Freitag, 02. März 1877)
Standortnummer: 630
Die Grabinschrift
[1] H(ier ist) g(eborgen) | פ”ט |
[2] eine gerechte Frau freizügigen Herzens | האשה הצדקת נדיבת לב |
[3] und edlen Geistes. Sie hielt an der Tora und der Gottesfurcht fest, | ויקרת רוח מחזקת תורה ויראה |
[4] die von vornehmer Herkunft Stammende, die Krone ihrer Kinder, Frau | המיוחסת עטרת בניה מרת |
[5] Ester Lazarus, | אסתר לאצארוס |
[6] a(uf ihr sei) F(riede), Witwe des edlen H(errn) Eleasar | ע”ה אלמנת היקר ה’ אלעזר |
[7] Lazarus, s(ein Andenken) m(öge bewahrt werden), und Tochter des großen Rabbiners, | לאצארוס ז”ל ובת הרב הגדול |
[8] des Gerechten, des MORENU Mose Fischels, der | הצדיק מוה’ משה פישלס שהי’ |
[9] V(orsitzender) d(es) G(erichts)h(ofes) d(er) R(esidenz)s(tadt) Wien wa(r), Sohn des Rabbiners | ראב”ד דע”מ וויען בנו של הרב |
[10] und großen Gelehrten, des Vorbilds seiner Generation, des MORENU Meir | הגאון צופת הדור מוה’ מאיר |
[11] Fischels, d(as Andenken) d(es Gerechten) m(öge bewahrt werden). Sie starb im Alter von 82 | פישלס זצ”ל מתה בת פ”ב |
[12] Jahren in der Morgendämmerung des Freitag, V(orabend) d(es heiligen) Sch(abbat), dem 17. | שנים נגהי יום וי”ו ע”ש”ק י”ז |
[13] Adar 637 n(ach der) k(leinen) Z(eitrechnung). | אדר תרלז לפ”ק |
[14] I(hre) S(eele) m(öge eingebunden sein) i(m Bund) d(es Lebens). | תנצבה |
Anmerkungen
Zeile 8 und 10: MORENU bedeutet wörtlich “u(nser) L(ehrer), H(err)”. Den MORENU-Titel erhielten nur besonders gelehrte Männer, Bernhard Wachstein bezeichnet ihn als “synagogaler Doktortitel” (siehe Bernhard Wachstein, Die Inschriften des Alten Judenfriedhofes in Wien, 1. Teil 1540 (?)-1670, 2. Teil 1696-1783, Wien 1912, 2. Teil, S. 15).
Zeile 10: Babylonischer Talmud, Traktat Chullin 103b מופת הדור. S. auch Raschi zur Stelle, der auf Sacharja 3,8 verweist “…sie sind Männer, die Wahrzeichen sind…” …כי אנשי מופת המה….
Biografische Notizen
Ester / Ernestine? Lazarus, geb. in Wien, Witwe, gest. in Unterberg-Eisenstadt an Altersschwäche. Die Matriken weisen den 28. Februar als Sterbedatum aus, das war jedoch Mittwoch, der 15. Adar. Die Angabe des Todesdatums in der hebräischen Inschrift halte ich für verlässlich, schon allein aufgrund der recht genauen Angabe der Tageszeit des eintretenden Todes: “Morgenröte/Morgendämmerung des Freitag”. Weiters wird in den Matriken der 30. (sic!) Februar als Begräbnisdatum angegeben, was unmöglich ist. Auch die Altersangabe unterscheidet sich von jener in der hebräischen Inschrift: 73 Jahre (Matriken) zu 82 Jahre (Zeile 11 Grabinschrift).
Vater: Mose Fischels, gest. 07. Dezember 1833, begraben auf dem älteren jüdischen Friedhof in Eisenstadt
Mutter: Elisabeth Fischer, gest. 11. November 1842, begraben auf dem älteren jüdischen Friedhof in Eisenstadt
Ehemann: Lazar (Eleasar ben Wolf ha-Levi) Lazarus aus Troppau, gest. 27. August 1847, begraben auf dem älteren jüdischen Friedhof in Eisenstadt
Sohn: Max / Miksa (Meir Seg”al) Lazarus, gest. 08. Februar 1913
Material und Maße des Grabsteins
Granit, 161/54/30
Personenregister jüngerer jüdischer Friedhof Eisenstadt
Esters Sohn, Max (Meir) Lazarus, war einige Zeit als Hauslehrer bei der Familie Hirsch in Halberstadt taetig. Er hat Rabbiner Esriel Hildesheimer, der ja ein gebuertiger Halberstaedter war, als Rabbiner nach Eisenstadt gebracht.