Kutna Salomo – 07. Februar 1909

Kutna Salomo – 07. Februar 1909

Personenregister jüngerer jüdischer Friedhof Eisenstadt

Salomo (Schalom) Kutna, 16. Schvat 669 (= Sonntag, 07. Februar 1909)

Standortnummer: 219

  • Grabstein Kutna Salomo - 07. Februar 1909

    Foto 1993

  • Grabstein Kutna Salomo - 07. Februar 1909

    Foto 2016

 

Die Grabinschrift

Inschrift Salomo Kutna: Zeilengerechte Transkription und Übersetzung
[1] Er komme in Frieden heim, um auf u(sw). יבא שלום ינוחו על וגו’ ‎‏‏
[2] H(ier ist) g(eborgen) פט ‎‏‏
[3] der Rabbiner, der ring(sum) berühmte Gelehrte. הרב הגאון המפורסם במדינ’ ‎‏‏
[4] Zum Ruhm und zum Ansehen, in Weisheit und Einsicht לשם ולתהלה. בחכמה ובמדע ‎‏‏
[5] war er die Pracht seines Volkes und sein Schmuck. Er bmühte sich um ein gutes Auskommen mit פאר עמו והדרו דורש טובתו ‎‏‏
[6] dem Herrscherhaus, d(er) e(rhabene) H(err), der MORENU, u(nser) L(ehrer) u(nd) R(ab)b(iner) בחצר המלך אד”מו”ר מ”ו ה”רר ‎‏‏
[7] Schalom Kutna שלום קוטנא ‎‏‏
[8] Von den Tagen seiner Jugend an begann der Geist G(ottes), ihn umherzutreiben, מימי בחוריו החל רוח ה’ לפעם בו ‎‏‏
[9] und er führte einen h(eiligen) Kampf gegen jene, die die Religion vernichten wollten. ולחם מלחמת ה’ נגד מהרסי הדת ‎‏‏
[10] Er bemühte sich, die Macht der Tora und die Fahne des reinen Glaubens התאמץ להרים קרן התורה ודגל ‎‏‏
[11] hochzuhalten. Nicht durch Macht und Kraft, האמונה הטהורה לא בחיל ולא בכח ‎‏‏
[12] sondern mit einem gewichtigen Geist sprach er und mit verständigem Herzen. כי אם ברוח כביר אמר פיו ובלב נבון ‎‏‏
[13] Sein Rat war wunderbar, und er vermehrte die Einsicht bis ins hohe הפליא עצה הגדיל תושיה עד זקנה ‎‏‏
[14] Alter. Er suchte, in den Versammlungsstätten des Volkes mit flammender Stimme ושיבה דרש במקהלות עם בקול חוצב ‎‏‏
[15] das Feuer des Glaubens zu entfachen. להבות אש דת ‎‏‏
[16] Er hatte den Rabbinatssitz inne in viel(en) Gemeinden. ישב על כסא הרבנות בהרב’ קהלות ‎‏‏
[17] Zuletzt wa(r er) V(orsitzender) d(es) G/erichtshofes) und Leiter unserer Gemeinde ובאחרונה ה’ אב”ד ומנהיג קהלתנו ‎‏‏
[18] hier 39 kontinuierliche Jahre. Er richtete viele פה טל שנים רצופות והעמיד תלמידי’ ‎‏‏
[19] Schül(er) auf und verfasste mehrere nützliche Bücher. הרבה חבר כמה ספרים מועילים. ‎‏‏
[20] Er legte We(rt) darauf, dass sein Lobpreis nicht vermehrt werde. הוא אמר ויהי’, שלא להרבות בשבחיו ‎‏‏
[21] Er verstarb (n gutem) N(amen) am 16. Schvat des Jahres נפטר בש”ט ביום ט”ז שבט שנת ‎‏‏
[22] Schalom Kutna, d(as Andenken) d(es Gerechten) m(öge bewahrt werden) n(ach der) k(leinen) Z(eitrechnung). ש’ל’ו’ם’ ק’ו’ט’נ’א’ ז’צ’ל’ לפ”ק ‎‏‏
[23] S(eine) S(eele) m(öge eingebunden sein) i(m Bund) d(es Lebens). תנצבה ‎‏‏

Sockel

Inschrift Salomo Kutna Sockel: Zeilengerechte Transkription und Übersetzung
[1] Pongratz
 

Anmerkungen

Zeile 1: Jes 52,2; “… auf seine Lager zu ruhen” ist die Fortsetzung des Verses, der endet mit “… der auf dem geraden Weg geht”. Dieser Vers kommt u.a. im Gebet vor, das im Trauerhaus vor dem Lernkaddisch gesprochen wird.

Zeile 4: Zefanja 3,20 לשם ולתהלה, vgl. auch bes. Deuteronomium 26,19.

2 Chr 1,10.11 חכמה ומדעץ

Zeile 5: Vgl. Deut 23,7 “Nicht sollst du dich bemühen um ein gutes Auskommen mit ihnen…” לא תדרש שלמם וטבתם….

Zeile 6: MORENU bedeutet wörtlich “u(nser) L(ehrer), H(err)”. Den MORENU-Titel erhielten nur besonders gelehrte Männer, Bernhard Wachstein bezeichnet ihn als “synagogaler Doktortitel” (siehe Bernhard Wachstein, Die Inschriften des Alten Judenfriedhofes in Wien, 1. Teil 1540 (?)-1670, 2. Teil 1696-1783, Wien 1912, 2. Teil, S. 15).

Zeile 9: Wörtl.: “einen Krieg G(ottes)”.

Zeile 10: Vgl. Psalm 89,18 “…du erhöhst unsere Kraft …” …תרים קרננו u.a.

Zeile 11: Sacharja 4,6 לא בחיל ולא בכח.

Zeile 12: Vgl. Ijob 8,2 “…heftiger Wind sind die Worte deines Mundes” …ורוח כביר אמרי פיך.

Sprüche 14,33 u.a. בלב נבוןץ

Zeile 13: Jesaja 28,29 הפליא עצה הגדיל תושיה; s. auch Sprüche 8,14.

Zeile 14: Psalm 68,27 במקהלות; vielleicht wurde dieses Wort in der Inschrift gewählt, um auch Numeri 33,25 zu assoziieren, wo מקהלות als Eigenname einer Wüstenstation zu finden ist. Auch Psalm 29,8 spricht von der Stimme des Herrn in der Wüste (s.u.). In der Grabinschrift könnte also bewusst das aus der Liturgie (Gebet “Der ewig wohnt…” שוכן עד… im Morgengebet für Schabbat etc.) bekannte Wort für “Sammelplatz” deshalb gewählt worden sein, um mit dem Bild der Wüste den brachliegenden Glauben anzudeuten.

Zeile 14/15: Psalm 29,7 קול יהוה חצב להבות אש.

Zeile 18: Die beiden hebräischen Buchstaben, deren Zahlenwert “39” ergibt, sind hier so umgestellt, das sich – als Wort gelesen – nicht die Lesung “heimlich”, sondern “Tau” ergibt. Vgl. dazu Tanchuma Buber Toldot 19 “Der Tau ist ein Zeichen für die Auferweckung der Toten…” (s. Stemberger G., Zur Auferstehungslehre in der rabbinischen Literatur, in: Studium zum rabbinischen Judentum, Stuttgart 1990, 47-88 [= Kairos 15 (1973), 238-266], Seite 54-58.).

Zeile 21: Vgl. Berachot 17a “…Heil dem, der … mit gutem Namen gestorben ist …” אשרי…שנפטר בשם טוב; vgl. auch babylonischer Talmud, Traktat Avot II,8 “…hat er einen guten Namen erworben, hat er etwas für sich erworben”. Der gute Name kommt im Gegensatz zu allen anderen geistigen und sittlichen Gütern fast ausschließlich dem Besitzer zugute und bleibt auch nach dem Tod sein eigen (Hirsch Samson Raphael, Siddur. Israels Gebete, Zürich-Basel 1992, 443); s. auch Avot IV, 7 “… Drei Kronen gibt es: die Krone der Tora, die Krone des Priestertums und die Krone des Königtums; die Krone des guten Namens aber erhebt sich über sie” … שלשה כתרים הן: כתר תורה וכתר כהונה וכתר מלכות: וכתר שם טוב עולה על גביהן.

Zeile 22: Über den Buchstaben des Eigennamens sowie über jenen der abbrevierten Euphemie “d(as Andenken) d(es Gerechten) m(öge bewahrt werden)” befinden sich Punkte, die hier in der hebräischen Abschrift durch Einzelstriche deutlich gemacht wurden. Die Jahreszahl ergibt sich durch das Addieren der Zahlenwerte besagter Buchstaben.

 

Biografische Notizen

Salomo (Schalom) Kutna, Oberrabbiner; geb. 25. Mai 1826, wh: Unterberg Eisenstadt.

Vater: Aaron Kutna, Oberrabbiner in Tata
Mutter: Maria Löbl

 

1. Ehefrau: Katharina (Sara Gütel) Kutna, gest. 01. November 1903

2. Ehefrau: Charlotte Bienenfeld, geh. 21. September 1905

 

Tochter: Emilie (Sara Mirl Chaja) Fürst, gest. 02. Februar 1905

 

Sohn: Gabriel Kutna, gest. mit 19 Jahren am 17. Juni 1874, begraben am älteren jüdischen Friedhof Eisenstadt.

Matriken Tod Salomon Kutna

Matriken Tod Salomon Kutna

 

Kutna folgte als Oberrabbiner von Eisenstadt Dr. Israel Hildesheimer; u.a. Verfasser von “Atheret Scholaum Weemet” עתרת שלום ואמת, “Homilien, Erläuterugen wie auch Erklärungen schwieriger Schriftstellen מקראי קודש und Sprüchen der Weisen” מאמרי חז”ל, 1. Bändchen, Eisenstadt 1894 (hebr.; gedruckt in Raschischrift); Rabbiner Kutna wird auf dem Titelblatt als “Bezirksrabbiner” bezeichnet.

In seiner Grabinschrift heißt es u.a.: “Zuletzt war er Vorsitzender des Gerichtshofes und Leiter unserer Gemeinde hier, 39 kontinuierliche Jahre. Er richtete viele Schüler auf und verfasste mehrere nützliche Bücher. Er legte Wert darauf, dass sein Lobpreis nicht vermehrt werde“.

Material und Maße des Grabsteins

Marmor, 237/88/50

 

Personenregister jüngerer jüdischer Friedhof Eisenstadt

 

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