Julia Kohn / Jissche Katz, 28. Kislew 5633 (Schabbat, 28. Dezember 1872)
Anmerkungen
Zeile 1: “I(hre Seele) g(ing hinweg) am 28. Kislew 633 n(ach der) k(leinen) Z(eitrechnung)” ינ כח בכסלו תרלג לפ”ק.
Der 28. Kislew ist der 4. Chanukkatag. Vielleicht ein wenig seltsam, dass nicht extra angeführt wird, dass es sich um einen Schabbat ש”ק handelt, vielleicht auch verständlich…
Zeile 4: Für den Vornamen “Jissche” יסכה konnte ich im Burgenland keinen Beleg finden, der Name ist aber auf jüdischen Friedhöfen in Deutschland hinreichend belegt, siehe “Jissche Bär” u.a.
Zeile 5 erwähnt den Ehemann mit Segenswunsch: “MORENU Lipman Katz, s(ein Licht) m(öge leuchten) מוה ליפמן כץ ני”. Der Ehemann lebt also zum Zeitpunkt des Ablebens seiner Frau noch.
Öhler hält den sehr üblichen Vornamen “Lipman” für den Nachnamen.
MORENU bedeutet wörtlich “u(nser) L(ehrer), H(err)”. Den MORENU-Titel erhielten nur besonders gelehrte Männer, Bernhard Wachstein bezeichnet ihn als “synagogaler Doktortitel” (siehe Bernhard Wachstein, Die Inschriften des Alten Judenfriedhofes in Wien, 1. Teil 1540 (?)-1670, 2. Teil 1696-1783, Wien 1912, 2. Teil, S. 15).
Der Name “Kohn” כהן (hebräisch “Kohen”) ist ein sogenannter Stammesname, der Träger ein “Kohen” (Priester). Siehe auch meinen Artikel Der Herr segne und behüte dich/a>.
Der Name “Katz” ist ein hebräisches Akronym und bedeutet “Priester der Gerechtigkeit” כהן צדק. “Katz” ist damit ein sogenannter Stammesname, der Träger ein “Kohen” (Priester) כהן.
Als Akrostichon finden sich von Zeile 6 – 16 (in der Eulogie) ihr Vorname sowie der Vorname des Vaters:
(6) bis (9): “Jissche”
(10) bis (11): “Tochter des”
(12) bis (13): “v(erstorbenen) H(errn)”
(14) bis (16): “Dov”
יסכה בת המ דוב.
Zeile 12/13: Die beiden hebräischen Buchstaben המ interpretiere ich als Abkürzung für המנוח “der verstorbene”. Für die Abkürzung kämen aber noch eine Reihe anderer Bedeutungsmöglichkeiten in Frage (der hervorragende, ruhmvolle … המעולה, המפורסם …). Mit anderen Worten: Solange wir nicht wissen, wer der Vater, Dov, war und vor allem, wann er verstorben ist, kann “der verstorbene” nicht als sicher angesehen werden.
In der letzten Zeile der Eulogie sowie in der Zeile darunter, also der letzten Zeile der Inschrift, befindet sich zweimal die übliche Schlusseulogie (“Ihre Seele möge eingebunden sein im Bund des Lebens”), zuerst, da im Kontext der Eulogie verwendet, ausgeschrieben und geringfügig umgestellt und danach, in der letzten Zeile, wie üblich abgekürzt: ת”נ”צ”ב”ה”.
Biografische Notizen
Sterbematriken: Kohn Julia, geboren in Balashov, verheiratet, verstorben am 28. Dezember 1872, mit 53 Jahren, in Mattersdorf, an Wasserfraisen (Krampfanfälle)
Personenregister jüdischer Friedhof Mattersburg
Julie was the wife of Phillip (Lipman) Kohn whose mother was the daughter of Morenu Josef Koppel son of Abraham.
Julie’s birthplace was likely in Bolechow, Galicia and if so is now called Bolekhov, Ukraine. Julie had at least three children.
@Carole Vogel, Muesste das nicht eher bei Josef ben Abraham stehen?
@Chaya-Bathya (Claudia) Markovits, sicher, ich hab’s mal dorthin verschoben: https://der-transkribierer.at/2014/12/18/josef-13-dezember-1850/#comment-2991