Personenregister jüdischer Friedhof Kobersdorf
Salomon (Salman) Zollschan, 13. Adar 667 (= Mittwoch, 27. Februar 1907)
Die Grabinschrift
[1] H(ier liegt) b(egraben) ein geschätzter Mann, ein vollkommen Gerechter, weit bekannt, der MORENU | פנ איש נכבד צדיק תמים מפורסם מוה |
[2] Salman, | זלמן |
[3] Sohn des MORENU (unseres Lehrers, Herrn) Jakob Zollschan, s(ein Andenken) m(öge bewahrt werden). | בן מוה יעקב צאללשאן זל |
[4] S(eine Seele) g(ing hinweg) i(n gutem) R(uf) am 13. Adar 667 n(ach der kleinen Zeitrechnung). | נ’י’ בש’ט’ י’ג’ אדר תרסז ל |
[5] Der Weggang eines Gerechten aus seiner Gemeinde hinterlässt eine Spur. | יציאת צדיק מעדתו עשה רשם |
[6] Denn er zögerte nicht (dagegen) aufzutreten, wenn uns etwas geschah. | ולא נחדל לזעוק על שקרה לנו |
[7] Es wich (mit ihm) unser Schutz und unser Schild, das über unseren Köpfen war. | סר צלינו ומגנינו מעל ראשינו |
[8] Der doppelte Anteil waren an seinem Geist Tora und Gebote. | פי שנים [ה]י ברוחו תורה ומצות |
[9] Er freute sich an seinem Anteil und bemühte sich um die Tora Gottes. | שמח בחלקו ויגע בתורת אל |
[10] Um zu erweisen wahrhaftiges Liebeswerk öffnete er seine Hand. | לגמול חסד של אמת ידו הדה |
[11] Aus seinem Mund kam nie ein Wort der Lüge und der Falschheit. | מפיו לא יצא דבר שקר וכזב |
[12] Mit dem Klang des Schofars wird man stehen zum Zeitpunkt der Auferstehung. | בקול שופר יעמדו לעת תחיה |
[13] S(eine) S(eele) m(öge eingebunden sein) i(m Bund) d(es Lebens). | תנצבה |
Anmerkungen
Zeile 1 und 3: MORENU bedeutet wörtlich “u(nser) L(ehrer), H(err)”. Den MORENU-Titel erhielten nur besonders gelehrte Männer, Bernhard Wachstein bezeichnet ihn als “synagogaler Doktortitel” (siehe Bernhard Wachstein, Die Inschriften des Alten Judenfriedhofes in Wien, 1. Teil 1540 (?)-1670, 2. Teil 1696-1783, Wien 1912, 2. Teil, S. 15).
Zeile 5: Vgl. Genesis 28,10 ויצא יעקב מבאר שבע וילך חרנה “Jakob zog aus Beersheva weg und ging nach Haran”. Dazu Raschi: “…Zog aus, er hätte nur nötig gehabt, zu schreiben, Jakob ging nach Charan, und warum erwähnt er seinen Auszug? Nur, er berichtet damit, dass der Auszug eines Gerechten aus einem Ort eine Spur zurücklässt; denn, solange der Gerechte in der Stadt ist, ist er ihre Pracht, ihr Glanz und ihre Schönheit (Bereschit Rabba), ebenso, sie verließ´den Ort, das bei Noemi und Rut steht (Rut 1,7).”
Zeile 7: Wörtlich etwa: “unser Schatten (= Schutz) und unser Schutzschild”.
Zeile 8: Vgl. 2 Könige 2,9 ויהי נא פי שנים ברוחך אלי “Es mögen mir zwei Anteile an deinem Geist zufallen”.
Zeile 9: S. Pirke Avot 4,1 איזהו עשיר, השמח בחלקו שנאמר יגיע כפיך כי תאכל אשריך וטוב לך “Wer ist reich? Der mit seinem Teil vergnügt ist. Denn es ist gesagt: ‘Deiner Hände Mühen, wenn du das genießest, dein ist dann aller Heilesfortschritt und Gutes ist dein'”. Vgl. auch babylonischer Talmud, Traktat Schabbat 83b אפילו בשעת מיתה תהא עוסק בתורה “selbst in der Stunde des Todes befasse dich mit der Tora”.
Zeile 10: Vgl. Genesis 48,49 u.a. חסד ואמת.
Jesaja 11,8 ידו הדה “öffnete seine Hand” oder “streckte seine Hand aus”.
Zeile 13: Um die Schlusseulogie rankt sich der Ouroboros, die Schlange, die sich in den eigenen Schwanz beißt und so zum Symbol für die Unendlichkeit wird. Insbesondere in der Kabbala wird der Ouroboros einerseits mit dem hebräischen Buchstaben ס assoziiert, andererseits auch mit dem Buchstaben ח, der den Zahlenwert 8 hat und als liegende 8 ebenfalls das Symbol für die Unendlichkeit, den Kreislauf zwischen Geburt und Tod ist.
Biografische Notizen
Salomon (Salman) Zollschan, Privatier, geb. ca. 1831, gest. 13. Adar 667 = Mittwoch, 27. Februar 1907 um 07 Uhr morgens mit 76 Jahren an Herzinfarkt?
Vater (weiland): Jakob Zollschan
Mutter (weiland): Paula Hacker
Ehefrau (weiland): Lea / Leni Bauer
Sohn: Jacob Zollschan, geb. 07. März 1865, gest. 14. Juni 1866
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