Personenregister jüdischer Friedhof Kobersdorf
Josua Alt, 04. Tevet 679 (= Schabbat, 07. Dezember 1918)
Die Grabinschrift
[1] H(ier ist) {Tränenbaum} b(egraben) | פ {אלון בכות} נ |
[2] ein teurer Mann, von Rechtschaffenen abstammend, | גברא יקירא גזע ישרים |
[3] MORENU (unser Lehrer, der Herr) Josua, Sohn des wunderbaren Rabbinischen, des MORENU (unseres Lehrers, des Herrn) Mose, s(ein Licht) m(öge leuchten), | מו”ה ישוע בן הרבני המופלא מו”ה משה נ”י |
[4] Enkel des überragenden, gewaltigen Gelehrten, des MORENU (unseres Lehrers, des Herrn) | נכד הגאון העצום מו”ה |
[5] Elieser Seev Alt, d(as Andenken) d(es Gerechten) u(nd Heiligen) s(ei zum Leben) d(er zukünftigen Welt). | אליעזר זאב אלט ז”צ”וק”ל |
[6] Er verstarb in gutem Ruf mit 34 Jahren | נפטר בשם טוב בן ל”ד שנים |
[7] im Jahr 679 am 4. Tevet. | שנת ת”ר”ע”ט” ד” טבת |
[8] Sein Weggehen von diesem Ort hinterließ einen starken Eindruck bei uns. | יציאתו מן המקום עשה רושם עזה אצלינו |
[9] Josua wich plötzlich aus der Mitte unserer Zelte. | שישוע מש פתאום מתוך אוהלנו |
[10] Nur sein Name, der besser ist als (köstliches) Öl bleibt in alle Ewigkeit. | ורק שמו הטוב משמן נשאר לעולמים |
[11] Darüber werde ich klagen und weinen alle Tage. | על זה אספוד ואבכה כל הימים |
[12] S(eine) S(eele) m(öge eingebunden sein) i(m Bund) d(es Lebens). | תנצב”ה |
Anmerkungen
Zeile 3: Der Segenswunsch “sein Licht möge leuchten” besagt, dass der Vater beim Ableben seines Sohnes noch am Leben ist. Mose Alt starb am 26. Oktober 1924.
Zeile 3 und 4: MORENU bedeutet wörtlich “u(nser) L(ehrer), H(err)”. Den MORENU-Titel erhielten nur besonders gelehrte Männer, Bernhard Wachstein bezeichnet ihn als “synagogaler Doktortitel” (siehe Bernhard Wachstein, Die Inschriften des Alten Judenfriedhofes in Wien, 1. Teil 1540 (?)-1670, 2. Teil 1696-1783, Wien 1912, 2. Teil, S. 15).
Zeile 8: Zitat nach Raschi zu Genesis 28,10:
וַיֵּצֵ֥א יַעֲקֹ֖ב מִבְּאֵ֣ר שָׁ֑בַע וַיֵּ֖לֶךְ חָרָֽנָה׃
Aber Jakob zog aus von Beerscheba und machte sich auf den Weg nach Haranץ
Raschi zur Stelle:
ויצא. לֹא הָיָה צָרִיךְ לִכְתֹּב אֶלָּא וַיֵּלֶךְ יַעֲקֹב חָרָנָה, וְלָמָּה הִזְכִּיר יְצִיאָתוֹ? אֶלָּא מַגִּיד שֶׁיְּצִיאַת צַדִּיק מִן הַמָּקוֹם עוֹשָׂה רֹשֶׁם, שֶׁבִּזְמַן שֶׁהַצַּדִּיק בָּעִיר, הוּא הוֹדָהּ הוּא זִיוָהּ הוּא הֲדָרָהּ; יָצָא מִשָּׁם, פָּנָה הוֹדָהּ פָּנָה זִיוָהּ פָּנָה הֲדָרָהּ. וְכֵן וַתֵּצֵא מִן הַמָּקוֹם הָאָמוּר בְּנָעֳמִי וְרוּת (רות א’):
Zog aus ויצא, er hätte nur nötig gehabt, zu schreiben, Jaakob ging nach Charan, und warum erwähnt er seinen Auszug? Nur, er berichtet damit, dass der Auszug eines Gerechten aus einem Ort eine Spur zurücklässt; denn, solange der Gerechte in der Stadt ist, ist er ihre Pracht, ihr Glanz und ihre Schönheit; wenn er aber von dort weggeht, so weicht ihre Pracht, ihr Glanz und ihre Schönheit (Bereschit Rabbah 68:6); ebenso, sie verließ den Ort, das bei Noemi und Rut steht (Rut 1, 7).
Zeile 10: S. Kohelet 7,1: ט֥וֹב שֵׁ֖ם מִשֶּׁ֣מֶן ט֑וֹב וְי֣וֹם הַמָּ֔וֶת מִיּ֖וֹם הִוָּלְדֽוֹ׃ “Besser ein guter Name als Parfüm (gutes Öl) ‒ und der Tag eines Todes als der Tag einer Geburt”.
Biografische Notizen
Josua Alt, geb. 30. Oktober 1884 in Kobersdorf, gest. 04. Tevet 679 = Schabbat, 07. Dezember 1918 an einer Lebensmittelvergiftung in Wien (Information von Frau Naomi Atlani, Kanada). Leider keinen Eintrag im Sterbebuch Kobersdorf gefunden.
Bemerkenswert ist, dass Josua Alt nicht in der unmittelbaren Nähe seiner Eltern, Großeltern und Geschwister begraben ist, siehe meinen Blogartikel “Familienfoto“.
Vater: Mose Alt, gest. 26. Oktober 1924, begraben am jüdischen Friedhof Kobersdorf
Mutter: Rosa Regina (Regi) (Reikel) Alt
Ehefrau: Hermina Minna Alt, geb. 14. Mai 1885 in Neudorf bei Landsee, Tochter des Samuel Gerstl aus Neudorf bei Landsee, und der Fanni Rosenberg aus Neunkirchen, wohnhaft Neudorf bei Landsee zum Zeitpunkt der Geburt von Hermina. Späterer Wohnort: Sopron, Matyas Kiraly u. 15.
Von Sopron Deportation ins Ghetto im April 1944 bis 5. Juli 1944. Ankunft in Auschwitz am 8. Juli 1944. Ermordet in Auschwitz ( Schoa-Opfer). Das Testimonial in Yad Waschem wurde von der Tochter von Josua und Hermina Alt, Gertrud Margalit (Trude) Drach (Alt), gest. 2013, erstellt.
Schwester: Esther Alt, gest. 20. Februar 1928, begraben am jüdischen Friedhof Kobersdorf
Bruder: Sigmund (Bezalel) Alt, gest. 24. September 1936, begraben am jüdischen Friedhof Kobersdorf
Weitere Geschwister, siehe Kinder von Moses Alt: geni.com.
Töchter:
Edit Weiss, geb. in Sopron
Dr. Gertrud Drach, geb. in Sopron
Jozsefin Grunwald, geb. in Sopron
Sohn: Erno Alt, geb. in Sopron
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