Personenregister jüngerer jüdischer Friedhof Eisenstadt
Max / Miksa (Meir Seg”al) Lazarus, 01. Adar I 673 (= Schabbat, 08. Februar 1913)
Standortnummer: 202
Die Grabinschrift
[1] {Levitenkrug} | {כד של לויים} |
[2] H(ier ist) g(eborgen) | פט |
[3] ein in Eigenschaften und Werken weiser und edler Mann. | איש חכם ויקר במדות ובמעשים |
[4] Er liebte die Tora und lernte sie von seiner Jugend an. | אוהב תורה ולומדיה מנעוריו |
[5] Seine Söhne und Töchter führte er auf den richtigen Weg. | הדריך בניו ובנותיו למישרים |
[6] In Frömmigkeit beschäftigte er sich mit den Werken der Wohltätigkeit. | בצדקה עסק ובגמילות חסדים |
[7] d(er löbliche) H(err), der MORENU Meir Se”gal | ה”ה מהור”ר מאיר ס”גל |
[8] aus d(er heiligen) G(emeinde) Wien, der Hauptstadt, | מק”ק וויען הבירה |
[9] Sohn d(es) e(hrenhaften) H(errn) Eleasar, s(ein Andenken) m(öge bewahrt werden), | בן הרר’ אלעזר ז”ל |
[10] Lazarus, | לאצארוס |
[11] Nachkomme des hochgelehrten Rabbiners, | נין של הרב הגאון |
[12] des MORENU Meir Fischels, des R(abbiners und) V(orsitzenden) d(es) G(erichtshofes) i(n der) h(eiligen) G(emeinde) Prag. | מהור”ר מאיר פישלס ר”אב”ד בק”ק פראג |
[13] Er verstarb am h(eiligen) Sch(abbat), dem 1. Adar I 673 n(ach der) k(leinen) Z(eitrechnung). | נפטר ביום ש”ק א אדר ראשון תרעג לפ”ק |
[14] S(eine) S(eele) m(öge eingebunden sein) i(m Bund) d(es Lebens). | תנצבה |
Anmerkungen
August 2017: Der Grabstein ist vom Sockel und in zwei Teile gebrochen, die wir in den nächsten Wochen versuchen werden zusammenhängend zu positionieren. Foto-Update folgt.
Zeile 7 und 12: MORENU bedeutet wörtlich “u(nser) L(ehrer), H(err)”. Den MORENU-Titel erhielten nur besonders gelehrte Männer, Bernhard Wachstein bezeichnet ihn als “synagogaler Doktortitel” (siehe Bernhard Wachstein, Die Inschriften des Alten Judenfriedhofes in Wien, 1. Teil 1540 (?)-1670, 2. Teil 1696-1783, Wien 1912, 2. Teil, S. 15).
Zeile 11: נין wörtl.: “Enkel”, Max Lazarus ist der Urenkel des nachfolgend Genannten, s. u. “Biografische Notizen”.
Biografische Notizen
Max / Miksa (Meir Seg”al) Lazarus, gest. 08. Februar 1913 in Wien, lt. Sterbematriken (s.u.) mit 88 Jahren (ebenso lt. Sterbeanzeige der Familie “im 89. Lebensjahre”, s.u.) an Altersschwäche; wh.: Wien II, Obere Donaustraße 57.
Max Lazarus ist der Enkel von Moses ben Meir Fischels, gest. 07. Dezember 1833 und der Urenkel des 1769 verstorbenen Vorsitzenden des Rabbinatskollegiums Meir ben Efraim Fischel Bumslau von seiner zweiten Frau Ritschel, der Tochter des Primators Simon Frankl. Er war ein Mann von bedeutender Gelehrsamkeit, aber auch dem modernen Wissen nicht abhold. Mehr Informationen bei Moses Fischels, gest. 07. Dezember 1833, begraben am älteren jüdischen Friedhof in Eisenstadt
Sterbeanzeige Max Lazarus, Neue Freie Presse, 10. Februar 1913, Seite 13
Vater: Lazar (Eleasar ben Wolf ha-Levi) Lazarus aus Troppau, gest. 27. August 1847, begraben am älteren jüdischen Friedhof in Eisenstadt
Mutter: Ester / Ernestine? Lazarus, gest. 02. März 1877
Ehefrau: Katharina Pollak, Tochter des Löwy Pollak und der Regina (Pollak), Pressburg, Theresienstadt 138, geh. 11. Juli 1867 in Eisenstadt, gest. 14. Oktober 1924 in Wien. Max Lazarus, Privatbeamter, bei der Hochzeit wh.: Wien, Lilienbrunngasse 6, war 37 Jahre, Katharina 21 Jahre alt, beide ledig.
Der Vorname der Mutter von Max Lazarus in den Trauungsmatriken (s.u.) ist “Ernestine”!
Matriken Sterbeanzeige Katharina Lazarus, geb. Pollak, Neue Freie Presse, 17. Oktober 1924, Seite 22
Töchter:
Therese / Theresia (Resl) Lazarus, geb. 15. Juni 1868 in Wien, “nach Eisenstadt, Komitat Sopron, zuständig”, geh. 23. Jänner 1898 in Wien Isak vulgo Ignaz Buchsbaum, “Kaufmann aus Pressburg in Ungarn gebürtig, dahin zuständig”, geb. 02. Juli 1866, Sohn des Markus / Max (Mordechai) Buchsbaum, Mehlhändler und der Julie Buchsbaum, geb. Weisz. Theresia war bei der Hochzeit 38, Isak 43 Jahre alt (lt. Scheidungsmatriken (!), s.u., das ist aber falsch, Theresia war bei der Hochzeit 30 Jahre, Isak 42 Jahre alt)
Die Ehe zwischen Theresia Lazarus und Isak Buchsbaum wird am 21. Juni 1910 geschieden, die Trennung war bereits am 23. Jänner 1908 in Wien II erfolgt. Im Matrikeneintrag finden wir auch die hebräischen Namen “Isak, genannt Ignaz, Sohn des Mordechai, genannt Max”, Therese, Tochter des Meir Halevi”. Die Ehe war kinderlos geblieben:
Pauline (Pessel) Lazarus, geb. 28. September 1874, gest. 14. März 1877
Adele (Idel Zebia) Lazarus, geb. 24. Dezember 1876 in Wien, zuständig nach Eisenstadt, Ungarn, Komitat Ödenburg, geh. 07. Juni 1903 in Wien Jakob Pollak, Lederhändler, geb. 13. Jänner 1869 in Holleschau, Böhmen (weiter unten ausgebessert auf richtig: Holleschau in Mähren), zuständig nach Wien (s.u. Trauungsmatriken), Sohn des Markus Pollak und der Mina Freistadt.
Adele Pollak, geb. Lazarus starb am 19. März 1938 (s.u. Sterbeanzeige) in Wien und wurde am Zentralfriedhof, Tor I, begraben.
Söhne von Adele Lazarus und Jakob Pollak:
Arthur Pollak, Prag
Egon Max Polla, Wien
Söhne:
Ludwig (Elasar) Lazarus, geb. 19. Februar 1870 in Wien
Sigmund (Simon) Lazarus, geb. 28. Mai 1872 in Wien, gest. 03. März 1934, 21.30h in Wien; wh.: Wien II, Taborstraße 24 (Sanatorium Loew!; s.u. Sterbematriken)
Josef (Joel) Lazarus, geb. 29. Mai 1872 in Wien
Sigmund (Simon) Lazarus und Josef waren Zwillinge, Sigmund ist offenbar in der Nacht des 28. Mai, Josef schon in den Morgenstunden des 29. Mai geboren.
Sigmund (Simon) Lazarus (s.o. Geburt), geb. in Wien, zuständig nach Unterberg-Eisenstadt, Komitat Ödenburg, geh. 19. November 1899 in Wien II, Bethaus Zirkusgasse, Mathilde Bauer, geb. in Wien 16. Jänner 1882, Tochter des Hermann Bauer und der Jetti oder Henriette Beck
Die Ehe zwischen Sigmund (Simon) Lazarus und Mathilde Bauer wird am 11. August 1910 geschieden, die Trennung war lt. Scheidungsmatriken bereits am 20. November 1899 erfolgt. Da dies der Tag nach der Hochzeit gewesen wäre, dürfte wohl ein Fehleintrag vorliegen! Auch der angegebene Hochzeitstag 27. August ist falsch (s.o.)
Im Matrikeneintrag finden wir auch die hebräischen Namen “Simon, genannt Sigmund, Sohn des Meir Halevi, genannt Max” und “Mathilde, Tochter des Hermann”.
Der Ehe entstammt eine Tocher (s.u.).
Tochter von Sigmund (Simon) Lazarus und Mathilde Bauer:
Alice Lazarus, geb. 01. Mai 1902 in Wien, Große Sperlgasse 37a
2. Ehe Sigmund (Simon) Lazarus: geh. 24. Juni 1919 Olga Nagel, geb. Levitus 09. Februar 1884 in Wien, zuständig nach Tyrnau, Ungarn, Witwe seit 11. November 1918, Tochter des Heinrich Levitus und der Barbara Levitus, geb. Fried
Samuel Lazarus, geb. 03. April 1878 in Wien, gest. 28. März 1879 in Wien
Salomon Lazarus, geb. 04. Dezember 1879 in Wien
Material und Maße des Grabsteins
Diorit, 189/73/37
Personenregister jüngerer jüdischer Friedhof Eisenstadt
Bericht über das Ableben von Max (Meier) Lazarus in Bloch’s Österreichischer Wochenschrift, Nr. 7 (1913), S. 122.
http://sammlungen.ub.uni-frankfurt.de/cm/periodical/zoom/3047001
Max (Meir) Lazarus war in jüngeren Jahren Privatlehrer bei der bekannten Familie Hirsch (Metallfirma Aron Hirsch & Sohn) in Halberstadt. Lazarus war dafür verantwortlich, dass Rabbiner Esriel Hildesheimer zum Rabbiner von Eisenstadt bestellt wurde.