Personenregister jüngerer jüdischer Friedhof Eisenstadt
Therese (Resl) Jacobi, 19. Tischre 636 (= Montag, 18. Oktober 1875)
Standortnummer: 720
Die Grabinschrift
[1] Zu helfen wurdest du geschickt. | לעזר שלחת |
[2] Zum Kummer wurdest du genommen. | לתוגה לקחת |
[3] Am Morgen bist du erblüht. | בבקר פרחת. |
[4] In deinem Grab sind geborgen | בקברך טמונים |
[5] die Liebe der Jugend, | אהבת נעורים |
[6] ein glänzendes Antlitz, | פנים מזהירים |
[7] die Lauterkeit der Rechtschaffenen, | תומת ישרים |
[8] Gepriesen sei sie unter den Frauen | תברך מנשים |
[9] und edler (war sie) als Perlen. | יקרה מפנינים |
[10] Dein Andenken sei ein Segen | זכרונך ברכה |
[11] inmitten von Kummer und Seufzen. | בתוך יגון ואנחה! |
[12] H(ier ist) g(eborgen) | פ’ט |
[13] die bescheidene Frau, | האשה הצנועה |
[14] Frau Resl, a(uf ihr sei) F(riede), |
מרת ריזל ע”ה |
[15] Tochter der Eva, aus der Familie Löwenstein. | בת חוה, ממשפחה לאווענשטיין |
[16] Sie verstarb am 19. Tischre des Jahres 636 n(ach der kleinen Zeitrechnung). | נפטרה |
[17] I(hre) S(eele) m(öge eingebunden sein) i(m Bund) d(es Lebens). | תנצבה |
Linke Seite: Ungarische Grabinschrift
[1] Im Leben hast du mich nur | =Eleiben csak boldogi |
[2] glücklich gemacht. | tottalg |
[3] Nur mit dem Tod hast du mich | =Csak halalbän szomo |
[4] gekränkt. | .ritottal |
Rechte Seite: Deutsche Grabinschrift
[1] Dem Andenken | |
[2] seiner | |
[3] ewig unvergesslichen | |
[4] göttlichen Frau | |
[5] Dr. Samuel Jacobi |
Rückseite (deutsche Grabinschrift)
[1] THERESE JACOBI | |
[2] geb. Löwenstein | |
[3] 1. Januar 1852 | |
[4] 18. Oktober 1875 |
Anmerkungen
Zeile 4: Folgt man Psalm 90,5.6 בבקר…יחלף, müsste חלף mit “blühen, gedeihen” übersetzt werden, was inhaltlich Zeile 3 ähnelt. Die vorliegende Übersetzung wurde gewählt, weil חלף im Sinne von “in die andere Welt hinüberwechseln” auf unserem Friedhof mehrmals in Inschriften vorkommt und m.E., richtiges Verständnis vorausgesetzt, sowohl die ersten beiden Zeilen der hebräischen Inschrift als auch die ungarischen Zeilen eine inhaltliche Analogie (Vergleich Leben – Tod) nahelegen. Vgl. dazu palästinischer Talmud, Traktat Berachot II,8,5c “Aber wenn ein Gelehrter stirbt, wer bringt uns seinen Ersatz?” תלמיד חכם שמת מי מביא לנו חליפתו. Damit soll wohl auf die Unersetzlichkeit des Verstorbenen hingewiesen werden.
Zeile 7: Vgl. Babylonischer Talmud, Traktat Berachot 17a “…mögen…deine Augen im Lichte der Tora leuchten, dein Gesicht wie der Glanz des Himmels glänzen…” …עיניך יאירו במאור תורה ופניך יזהירו כזוהר הרקיע….
Zeile 8: Sprüche 11,3 תמת ישרים.
Zeilen 1-9: Beachte den durchgehenden Reim im hebräischen Text.
Zeile 9: Im Targum zur Stelle wird die Frau als eine interpretiert, die im Bet ha-Midrasch (Lehrhaus) dient; im Kommentar des Raschi zur Stelle wird die Frau mit den Frauen der Patriarchen, Sara, Rebekka, Rachel und Lea, gleichgesetzt. Wohl auch als Anspielung auf das “Zelt der Tora” (vgl. Genesis 25,27) zu verstehen; s. auch babylonischer Talmud, Traktat Nazir 23b.
Zeile 10: Sprüche 3,15 יקרה היא צפניניים.
Zeile 12: Jesaja 35,10; 51,11 יגון ואנחה.
Zeile 10: Babylonischer Talmud, Traktat Schabbat 53b צנועה אשה.
Biografische Notizen
Therese (Resl) Jacobi, geb. 01. Jänner 1852 in Pápa, Komitat Veszprém, gest. mit 23 Jahren (in den Sterbematriken mit 26 Jahren) am 18. Oktober 1875.
Leider konnten wir in Pápa keinen Geburtseintrag finden. In den Sterbematriken (s.u.) findet sich fälschlicherweise als Geburtsname “Steinhart”.
Therese Jacobi ist die erste am jüngeren jüdischen Friedhof in Eisenstadt Bestattete.
Vater: Abraham Löwenstein
Mutter: Johanna (Eva) (Löwenstein)
Ehemann: Dr. Samuel (Sámu) Jacobi, Rechtsanwalt, Freimaurer, begeisterter Schachspieler und -autor sowie seit 1909 Ehrenpräsident des Schachzirkels von Pest, geb. 27. Dezember 1844 in Páncélcseh (heute Rumänien), Sohn des Jehuda Jacobi und der Leni Steinfeld, geh. 08. August 1871 in Györ (Raab) (s.u. Trauungsmatriken), gest. an Harnvergiftung am 10. März 1913 in Budapest (s.u. Sterbematriken).
Dr. Jacobi war in 2. Ehe mit Vilma Brachfeld verheiratet, der Ehe entstammten 5 Kinder. Vilma Brachfeld war in erster Ehe mit Jakab Blüm (Blum) verheiratet und starb am 03. Februar 1896 mit 44 Jahren (s.u. Sterbeanzeige).
Material und Maße des Grabsteins
Granit, 300/79/75
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