Personenregister jüngerer jüdischer Friedhof Eisenstadt
Dr. Ignacz (Isak) Hecht / Hantos, 14. Adar II 627 (= Freitag, 18. März 1927)
Standortnummer: 605
Die Grabinschrift
[1] H(ier liegt) b(egraben) | פ”נ |
[2] ein Mann von edlem Geist, eine prächtige | איש יקר רוח עטרת |
[3] Krone unserer Familie, die Pracht | תפארת משפחתו פאר |
[4] der Menschen, der in seine Welt einging | האנשים שהלך לעולמו |
[5] zu unseres Herzens Kummer und zum Leid | לדאבון לבינו ולדאבון |
[6] all seiner Bekannten am 14. Adar | כל מכיריו ביום י”ד אדר |
[7] II 687. | שני ת”ר”פ”ז |
[8] Der MORENU Dr. Isak Hantos, | מ”וה’ ד”ר יצחק האנטאש |
[9] Sohn des Gezel. | בן גצל |
[10] Es blieb das Bet Talmud ohne | ונשאר בית התלמוד בלי |
[11] Hirten, und es gab niemanden, der mit | רועה ואין מי שישגיח |
[12] wachendem Auge geachtet hätte auf die heilige | בעינא פקיחא על הצאן |
[13] Herde. Sein Andenken möge gepriesen werden. | קדשים זכרו י”הי’ בדך. |
[14] S(eine) S(eele) m(öge eingebunden sein) i(m Bund) d(es Lebens). | ת’נ’צ’ב’ה’ |
Sockel – Die Grabinschrift
[1] Hier ruht | |
[2] unser geliebter Vater | |
[3] und Grossvater | |
[4] DR | |
[5] IGNACZ HANTOS | |
[6] 1841 – 1927 |
Sockel2
[1] WULKAN & NEUBRUNN WIEN |
Anmerkungen
Zeile 2: Sprüche 17,27 וקר (ק: יקר) רוח.
Zeile 2/3: Jesaja 62,3 עטרת תפארת.
Zeile 8: MORENU bedeutet wörtlich “u(nser) L(ehrer), H(err)”. Den MORENU-Titel erhielten nur besonders gelehrte Männer, Bernhard Wachstein bezeichnet ihn als “synagogaler Doktortitel” (siehe Bernhard Wachstein, Die Inschriften des Alten Judenfriedhofes in Wien, 1. Teil 1540 (?)-1670, 2. Teil 1696-1783, Wien 1912, 2. Teil, S. 15).
Zeile 12: בעינא פקיחא – Ausdruck aus Or Ha-Chajim zu Numeri 15,39 und mehrmals im Zohar.
Zeile 12/13: Vgl. bes. Ezechiel 36,38 “Wie die zum Opfer geweihten Schafe…” כצאן קדשים…; wörtl.: “Herde der Heiligen”, was aber, streng genommen, einen Grammatikfehler voraussetzte; es sollte richtig צאן הקדשים heißen, wird aber als standardisierte Redewendung und daher hier als ein Wort verstanden. Dieser Interpretation wurde in der Übersetzung der Vorzug gegeben, da auch ein Lesen der Zeile 12 und 13 als je eigene Texteinheiten in Zeile 13 erhebliche grammatische Schwierigkeiten bereiten würde.
Biografische Notizen
Dr. Ignacz (Isak) Hecht / Hantos, Rechtsanwalt in Eisenstadt, geb. 1841 in Budapest?, Namensänderung von Hecht auf Hantos 1912 (s.u. Anmerkung in den Trauungsmatriken). Der Sterbeort von Dr. Hantos ist unklar. Eine Notiz von seinem Tod im Salzburger Volksblatt, unabh. Tageszeitung f. Stadt u. Land Salzburg vom 24. März 1927, Seite 7 schreibt von seinem Tod in Eisenstadt. Wir konnten aber in den Sterbematriken von Eisenstadt keinen Eintrag finden. Auch in Budapest ließ sich kein Eintrag finden.
Vater: Hermann (Geza (Gezel) Hecht, Budapest (lt. Trauungsmatriken des Sohnes). Den Vornamen “Hermann” finden wir in den Trauungsmatriken des Sohnes (s.u.).
Ehefrau: Theres(e)/Theresia (Resl) Schlesinger, gest. 03. März 1901 in Eisenstadt, geh. 25. Februar 1879 in Eisenstadt. Ignacz war zum Zeitpunkt der Hochzeit 35 Jahre, Theres(e) Schlesinger 19 Jahre alt, beide ledig.
Tochter: Charlotte (Sarolta) Hecht, geb. 04. Dezember 1879 in Budapest, wh: Eisenstadt, geh. 29. April 1900 in Eisenstadt Dr. Adalbert (Béla) Rapaport, Religionslehrer, geb. 15. März 1863 in Bodrog-Keresztúr, wh: Budapest, Sohn von Martin Rapaport, Rabbiner-Stellvertreter in Erdö-Bénye und der Rosa Danzinger aus Erdö-Bénye.
Dr. Rapaport änderte 1911 seinen Namen in Pap! (s. Anmerkung links oben in den Trauungsmatriken!).
Das Ehepaar Charlotte und Béla hatte zwei Söhne:
Kornel Pap, geb. 08. Mai 1901 in Budapest, geh. 17. Jänner 1932 in Budpest Lenke Keszler, beide jüdisch (s. u. Trauungsmatriken)
László Pap, geb. 10. November 1905 in Budapest, geh. 30. September 1936 in Budapest Erika Lajta, beide jüdisch (s. u. Trauungsmatriken)
Söhne:
Dr. Elemér Hantos, geb. 12. November 1880 in Budapest, gest. 28. Juli 1942 um 17h in Budapest, Árpád utca 6 (s. u. Sterbematriken); Jurist, Ökonom und Wirtschaftspolitiker, Hochschullehrer, Publizist, macht politische Karriere, zwischen 1910 und 1918 Parlamentsabgeordneter, 1917 wird er politischer Staatssekretär in Ungarn.
Elemér Hantos heiratet am 17. März 1921 in Budapest Karolina Wolfner, beide reformiert (s. u. Trauungsmatriken).
Der oben zitierte Wikipediaeintrag über Elemér Hantos liefert übrigens ein falsches Geburtsdatum und lässt auch das Sterbedatum offen, gründlichere Recherchen wären ratsam gewesen.
Aladár Hantos, Ingenieur, geb. 03. Februar 1882 in Budapest, geh. 17. Jänner 1921 Olga Sebestyén, Tochter des Advokaten Dr. jur. Samuel Sebestyén und der Josefa Ehrenstein, in Budapest, beide römisch-katholisch (s. u. Trauungsmatriken), am 23. Juni 1932 2. Ehe mit Janka Weisz in Budapest, Aladár Hantos römisch-katholisch, Janka Weisz jüdisch.
Die Ehe mit Olga Sebestyén sollte nur 2 Jahre dauern, denn am 31. Jänner 1923 heiratet Olga Sebestyén Béla Leopold Ignaz von Landauer, Bankbeamter in Budapest, geb. 18. November 1900 in Szob, später getauft, Sohn von Dr. jur. Béla (Albert) von Landauer, Politiker und Schriftsteller, Verwaltungsrat der Danica AG für chemische Industrie in Budapest, geb. 09. Mai 1870 in Pest, Taufe 13. August 1895 in Budapest, röm.-kath. Pfarre Elisabethstadt, gest. 13. Juli 1922 in Budapest. Verheiratet war er seit 06. November 1897 mit Helene (Ilona) Cimponeriu, geb. 16. Februar 1875 in Nagy Kanizsa [eine der heute in Ungarn liegenden 5-Gemeinden], später getauft in griechisch-katholischer Pfarre.
Gaugusch Georg, Wer einmal war. Das jüdische Großbürgertum Wiens 1800-1938, L-R, 1732f
Material und Maße des Grabsteins
Granit, 248/81/65
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