Ich wünsche allen, I wish you all, מאחל לכולכם
שנה טובה ומתוקה, א גוט געבענטשט יאהר!
ein gutes, ein süßes und ein gesegnetes Jahr!
a good and sweet and blessed year!
In den Tosafot von Rosh Hashanah 27a, 17 lesen wir:
בתשרי נברא העולם ובשל פסח יסד כר’ יהושע אומר ר”ת דאלו ואלו דברי אלהים חיים ואיכא למימר דבתשרי עלה במחשבה לבראות ולא נברא עד ניסן
Zu Rosch Haschana, am ersten Tag des Monats Tischre wurde die Welt erschaffen und zu Pessach wurde sie gegründet… Also kann man sagen, dass im Tischre der Gedanke zur Schöpfung aufkam, dass sie aber erst im Nissan erschaffen wurde.
Zwischen Tischre und Nisan existiert quasi nichts und wir haben 6 Monate Zeit, Ziele und Pläne zu entwerfen…
Mit Rosch Haschana am 1. Tischre (übermorgen, Schabbat, 16. September 2023) beginnt das neue jüdische Jahr 5784, als erster Monat des Jahres gilt aber in biblischer Tradition der Frühlingsmonat Nisan:
Dieser Monat soll die Reihe eurer Monate eröffnen, er soll euch als der Erste unter den Monaten des Jahres gelten.
Exodus 12,2
So gilt der 1. Nisan als religiöser Jahresbeginn, der Tischre hingegen ist der 7. Monat des jüdischen Kalenders und mit dem 1. Tischre beginnt sozusagen das bürgerliche jüdische Jahr.
Was wir über das neue jüdische Jahr, über 5.784, noch wissen sollten:
5.784 ist ein Schaltjahr. Es gibt also zwei Monate Adar, Adar I und Adar II.
5784 ist ein sogenanntes זחג (Sachag)-Jahr, also ein Jahr:
- das am Schabbat (= 7. Tag = ז) beginnt (Rosch Haschana darf nie auf einen 1. 4 oder 6. Tag, also nie auf einen Sonntag, Mittwoch oder Freitag fallen)
- 5.784 ist ein Jahr, das mangelhaft (vermindert) ist (= ח für חסר “chaser”), weil der Monat Kislew einen Tag weniger, nämlich nur 29 Tage hat (somit beide aufeinander folgenden Monate, Cheschwan und Kislew, nur 29 Tage haben)
- das ג hat den Zahlenwert 3 und steht für Tag 3, also für Dienstag. Das bedeutet, dass der erste Pesachtag auf einen Dienstag fällt.
5.784 hat 383 Tage mit 55 Schabbat-Tagen.
Morgen ist Erev Rosh Haschana, der Vorabend von Rosch Haschana. An diesem Tag werden die Gebete für den neuen Monat weggelassen. Der Grund ist, dass diese nicht notwendig sind, wenn der Neumondtag gleichzeitig Rosch Haschana ist.
מנהג קדמונינו לברך את החודש בשבת שלפני ר”ח חוץ מלפני ר”ח תשרי .
Unsere alte Tradition ist es, den Monat am Schabbat vor Rosch Chodesch zu segnen, außer vor Rosch Chodesch Tischre.
Mischna Berura 417
Die Folklore hat allerdings noch eine andere Erklärung, nämlich:
כדי לערבב את השטן
um den Satan zu verwirren
Denn Satan wartet auf Rosch Haschana, um vor dem ewigen Gericht über die Kinder Israels schlecht zu reden. Wird das Gebet für den neuen Monat aber weggelassen, führt das den Satan in die Irre und er wird über das Datum des Neumonds verunsichert, sodass ihm die Chance zur schlechten Rede genommen wird.
Tyrnau Isaac, Sefer Sidur ha-minhagim, 32 (Reprint 2012)[1]
Es gibt noch eine Reihe weiterer Minhagim, Bräuche und Gepflogenheiten am Tag vor Rosch Haschana wie etwa, dass Trauernde, die Schive sitzen und normalerweise zu Hause bleiben, ihr Haus verlassen, um in der Synagoge und in der Gemeinde die Slichot, die liturgischen Gedichte und Gebete der Buße und Reue, sagen.
Außerdem ist es weithin Brauch, die Gräber der verstorbenen Verwandten zu besuchen:
ויש מקומות נוהגין לילך על הקברות…
Es gibt Orte, an denen es üblich ist, zu den Gräbern zu gehen…
Orach Chayim 581,4
Wer noch mehr und alles ein wenig genauer über den Kalender wissen möchte: Vor drei Jahren, zu Rosch Haschana 5781 (17. September 2020) habe ich einen Podcast zum Thema gemacht, der nicht mehr hörbar, aber nun als Artikel lesbar ist:
[1] Isaac Tyrnau, österreichischer Rabbiner im ausgehenden 14. Jahrhundert. Einer seiner berühmten Lehrer war Abraham Klausner. [Zurück zum Text (1)]
Thank you for your good wishes and for sharing your expertise. From someone who was born on the 1st of Nisan, I found this most interesting.
Sehr informativ. Vielen Dank.