Übermorgen, am 14. Adar (heuer der 21. März) ist Purim.
Wir wünschen allen Leserinnen und Lesern unserer Koscheren Melange ein fröhliches Purim!
חג פורים שמח לכולם!
Am Tag vor Purim, also morgen, am 13. Adar, ist Taanit Ester, ein sogenannter “kleiner Fasttag” für Ester, dessen Quelle wir im Buch Ester 4,15‒16 finden:
Ester ließ Mordechai antworten: So geh hin und versammle alle Juden, die in Susa sind, und fastet für mich, dass ihr nicht esst und trinkt drei Tage lang, weder Tag noch Nacht. Auch ich und meine Dienerinnen wollen so fasten…
Worum es bei Taanit Ester geht, erklärt uns Rebbetzin Noemi Berger, geb. Schlesinger, die Frau des ehemaligen Oberrabbiners von Bayern und Baden-Württemberg, sehr schön in dem Artikel “Ein ‘kleiner’ Fastentag für Esther“.
Auf 52r des Leipziger Machsor begnügt sich der Illustrator nicht damit, nur das “Endergebnis”, also die Vernichtung des Judenverfolgers Haman, darzustellen, sondern schildert – fast detailliert – die ganze Geschichte so, wie sie in der jüdischen Tradition verstanden wurde:

Die drei Illustrationen im Detail:
Auf dem linken Bild sehen wir Ester in königlichem Gewand und mit einer Krone vor dem auf einem Thron sitzenden König Achaschwerosch, der ihr sein goldenes Zepter reicht, dessen Spitze sie mit der rechten Hand berührt, wie wir in Ester 5,8 lesen:
Und am dritten Tage kleidete sich Ester königlich und trat in den inneren Hof am Palast des Königs gegenüber dem Palast des Königs. Und der König saß auf seinem königlichen Thron im königlichen Saale gegenüber dem Tor des Palastes. Und als der König die Königin Ester im Hofe stehen sah, fand sie Gnade vor seinen Augen. Und der König streckte das goldene Zepter in seiner Hand Ester entgegen. Da trat Ester herzu und rührte die Spitze des Zepters an. Da sprach der König zu ihr: Was hast du, Ester, Königin? Und was begehrst du? Auch die Hälfte des Königreichs soll dir gegeben werden. Ester sprach: Gefällt es dem König, so komme der König mit Haman heute zu dem Mahl, das ich bereitet habe. Der König sprach: Eilt und holt Haman, damit geschehe, was Ester gesagt hat! Da nun der König und Haman zu dem Mahl kamen, das Ester bereitet hatte, sprach der König zu Ester, als man Wein trank: Was bittest du, Ester? Es soll dir gegeben werden. Und was begehrst du? Wäre es auch die Hälfte des Königreichs, es soll geschehen. Da antwortete Ester: Meine Bitte und mein Begehren ist: Hab ich Gnade gefunden vor dem König und gefällt es dem König, meine Bitte zu gewähren und zu tun nach meinem Begehren, so komme der König mit Haman zu dem Mahl, das ich für sie bereiten will. Morgen will ich dann tun, was der König gesagt hat.
In der Mitte ist nur zu sehen, wie Haman das königliche Pferd zu Mordechai führt. Die biblische Erzählung finden wir im Buch Ester 6,7‒13:
Und Haman sprach zum König: Dem Mann, dem der König Ehre erweisen will, soll man königliche Kleider bringen, die der König zu tragen pflegt, und ein Ross, darauf der König reitet und dessen Kopf königlichen Schmuck trägt, und man soll Kleid und Ross einem Fürsten des Königs geben, dass er den Mann bekleide, dem der König Ehre erweisen will, und ihn auf dem Ross über den Platz der Stadt führen und vor ihm her ausrufen lassen: So tut man dem Mann, dem der König Ehre erweisen will. Der König sprach zu Haman: Eile und nimm Kleid und Ross, wie du gesagt hast, und tu so mit Mordechai, dem Juden, der im Tor des Königs sitzt, und lass nichts fehlen an allem, was du gesagt hast. Da nahm Haman Kleid und Ross und zog Mordechai an und führte ihn über den Platz der Stadt und rief aus vor ihm her: So geschieht dem Mann, dem der König Ehre erweisen will. Und Mordechai kam wieder zum Tor des Königs. Haman aber eilte nach Hause, traurig und mit verhülltem Haupt, und erzählte seiner Frau Seresch und allen seinen Freunden alles, was ihm begegnet war. Da sprachen zu ihm seine Freunde und seine Frau Seresch: Ist Mordechai, vor dem du zu fallen begonnen hast, vom Geschlecht der Juden, so vermagst du nichts gegen ihn, sondern du wirst vor ihm vollends zu Fall kommen.
In der jüdischen Tradition wird dieser königliche Auftrag zu einem längeren Gespräch zwischen Haman und dem König, in dem Haman vergeblich versucht, den König davon abzubringen, dem Juden Mordechai diese Ehren zukommen zu lassen.
Die Illustration ganz rechts stammt gänzlich aus der jüdischen Legende: Wir sehen Mordechai mit Judenhut, wie er drei Schüler (ohne Kopfbedeckung) unterrichtet. Alle halten ein aufgeschlagenes Buch in ihren Händen.

Als nämlich der Festzug mit Mordechai am von Haman geführten Pferd am Haus des Haman vorbeikam, sah die Tochter Hamans vom Dachgeschoß aus zu und wollte den Mordechai noch mehr demütigen. Sie dachte selbstverständlich, dass Mordechai das Pferd führe und ihr Vater Haman der geehrte Reitende sei!
So schüttete sie den Inhalt ihres Nachttopfes dem Pferdeführer auf den Kopf. Erst als Haman sich umdrehte, erkannte sie, dass sie nicht Mordechai, sondern ihren Vater kompromittiert hatte, und stürzte sich aus dem Dachfenster hinunter zu Tode.
Zu Purim besonders empfehlen möchten wir die online verfügbare Megillah, die Mischna Megillah, die Megillah für Kinder sowie die Artikel “Purim – Fest des Sieges über die Widersacher” und “Schlafen und Purim“, alles zu finden auf der von Chajm Guski geführten Website.