MIT dem Anfang…

MIT dem Anfang…

Dieser Artikel war ursprünglich die 3. Podcastfolge, die ich während meiner Zeit im Österreichischen Jüdischen Museum in Eisenstadt am 28. Mai 2020 publizierte. Die Podcastreihe “Koscher Schmus” wird auf “Der Transkribierer” nicht fortgeführt, die von mir erstellten Podcasts werden jedoch als Artikel zur Verfügung gestellt.


An Erev Schawu’ot, dem Vorabend des Schawu’otfestes geht es um die Tora und das erste Wort der Tora.

Das Schawu’otfest gilt als Fest “mit den vielen Namen”, WOCHENFEST wie es im 2. Buch Mose 34,22 und an anderen Stellen der hebräischen Bibel genannt wird ‒ das hebräische Wort “Schawu’ot” bedeutet auch “Wochen”, gemeint sind die 50 Tage, also 7 Wochen plus einen Tag nach dem Pesachfest. Auch “Fest der Ernte” oder “Tag der Erstfrüchte” sind Namen für das Schawu’otfest. Vor allem aber ist das Schawu’otfest das Fest der Toragebung, die Juden erinnern sich, dass Mose die Tora und näherhin die 10 Gebote erneut von Gott am Berg Sinai empfangen hatte, nachdem Mose nach dem ersten Empfang die Tafeln mit den 10 Geboten zerschmettert hatte, weil das Volk Israel das Goldene Kalb anbetete.

Nun, das hebräische Wort “Tora” bedeutet zunächst “Lehre, Unterweisung”, Buber/Rosenzweig übersetzen “Tora” mit “Weisung”. Erst in den griechischen und lateinischen Übersetzungen wird Tora mit “nomos” bzw. “lex”, also mit “Gesetz” wiedergegeben, was einerseits zu kurz greift, andererseits wird im speziellen Sinn unter “Tora” auch der gesamte Korpus des traditionellen jüdischen Gesetzes verstanden.

Im engeren Sinn des Wortes bezeichnet “Tora” die 5 Bücher Mose, also den Pentateuch, die Bücher Genesis, Exodus, Leviticus, Numeri und Deuteronomium. Diese 5 Bücher haben, so wie alle anderen Bücher der hebräischen Bibel natürlich auch hebräische Namen. Die 5 Bücher Mose tragen die Namen nach den jeweiligen Anfangsworten der Bücher. So heißt das 1. Buch Mose, das Buch Genesis in der hebräischen Bibel “Bereschit”. Das hebräische Wort “Bereschit” und wird üblicherweise übersetzt mit “im Anfang”. Wir wissen wie es weitergeht: “Im Anfang erschuf Gott Himmel und Erde”.

“Reschit” = der “Anfang” und die Präposition/Vorsilbe “Be” bedeutet zunächst “In/m”, also “Im Anfang”.
Die Präposition „BE“ bedeutet aber nicht nur „in/m“, sondern kann auch das „Mittels-MIT“ bezeichnen, also etwa “bi-djo” “mit Tinte”, also eigentlich “mittels Tinte” schreibe ich einen Brief usw.

Und so versteht auch die jüdische Tradition dieses erste Wort der Tora und der hebräischen Bibel vielfach nicht im zeitlichen Sinn, also nicht als “im Anfang”, sondern übersetzte dieses “be” mit mittels”, also “mittels des Anfangs erschuf Gott Himmel und Erde”. Und womit hat Gott nun Himmel und Erde, die Welt erschaffen? Mit der Tora.

Denn schon im sehr frühen Judentum wurde die Tora mit der Weisheit identifiziert, die vor der Erschaffung der Welt existierte (etwa im Buch der Sprüche, Kapitel 8). Diese biblische Vorstellung wurde auch vom rabbinischen Judentum übernommen, dass die Tora noch vor der Erschaffung der Welt existierte, die Tora als Schöpfungsplan sozusagen, mit dem Gott dann die Welt erschuf.

In den Pirke Avot 3,18, den “Sprüchen der Väter” sagt Rabbi Akiba:

Bevorzugt ist Israel, dass ihnen ein kostbares Werkzeug gegeben ist, mit welchem die Welt erschaffen wurde.

Und genau diese vor der Erschaffung der Welt erschaffene Tora wurde dem Mose durch Gott offenbart.

 

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