Wer kennt sie nicht, die berühmten Darstellungen des Turmbaus zu Babel, z.B. jene von Peter Brueghel?
Interessant ist die rabbinische Interpretation des Themas “Turmbau zu Babel”, wie wir sie etwa in der aus dem Anfang des 14. Jahrhunderts stammenden spanischen Pesach-Haggada, der “Goldenen Haggada”, finden (London, British Library, Add 27210, fol. 3r):
Die Illustration ist unterschrieben mit “Generation der Sprachenverwirrung”.
Rund um den babylonischen Turm geht es ziemlich blutrünstig zu: Außer einem Mann, der im Begriff ist, mit Hilfe eines Flaschenzugs einen Eimer in die Höhe zu ziehen, sind alle anderen Personen nicht mit dem Turmbau beschäftigt, sondern nur damit, einander umzubringen:
Dem Baumeister (links im Bild) werden Steine auf den Kopf geworfen, er selbst hält einen Stein, bereit zum Wurf, in der Hand, andere bekämpfen einander mit Messern … Dieser Streit aller gegen alle ist das entscheidende Element der rabbinischen Deutung der Bibelstelle in 1 Mose 11,7:
Auf, steigen wir hinab, und verwirren wir dort ihre Sprache, so dass keiner mehr die Sprache des anderen versteht.
Wenn nämlich das hebräische Wort נבלה “navla” (“wir wollen verwirren”) anders vokalisiert wird, erhalten wir das Wort “nevela” (“Leiche/Leichnam”).
So heißt es auch etwa im Midrasch Genesis Rabba p 38,10:
Es sagte Rabbi Abba bar Kahana: ‘Aufgrund ihrer Sprache will ich sie zu Leichen machen.’ Einer sagte zu seinem Nächsten ‘Bring mir eine Axt, er aber brachte ihm eine Schaufel.’ Da schlug er ihn und verletzte ihn am Gehirn. Das ist, was geschrieben steht: ‘Aufgrund ihrer Sprache will ich sie zu Leichen machen.’