Personenregister jüngerer jüdischer Friedhof Eisenstadt
Samuel (Jehuda Nataniel) Spitzer, 25. Cheschwan 658 (= Schabbat, 20. November 1897)
Standortnummer: 215
Die Grabinschrift
[1] Der Rabbiner, die große und heiligmäßige Leuchte. | הרב המאור הגדול והקדוש |
[2] H(ier liegt) b(egraben) | פ”נ |
[3] ein Frommer und Demütiger, ein Korb voller Bücher, | חסיד וענו צנא מלא ספרא |
[4] MORENU Jehuda Nataniel, s(ein Andenken) m(öge bewahrt werden), | מוה’ יהודא נתנאל ז”ל |
[5] Sohn d(es) e(hrenhaften) | בן כה |
[6] H(errn) Abraham Spitzer, a(uf ihm sei) F(riede), | ר’ אברהם שפיטצער ע”ה |
[7] Rabbinatsassessor und Verkünder von dem, was recht ist hier i(n der heiligen jüdischen) G(emeinde) | דיין ומגיד משרים פה קק |
[8] Eisenstadt. | אייזענשטאדט |
[9] Die Krone fiel vom Haupt seiner Kinder und seiner Ehefrau. | נפלה עטרת ראש בניו ואשתו |
[10] Als Zierde und Ehre, die Herrlichkeit seiner Familie | תפארת וכבוד הדר משפחתו |
[11] stand er, seiner Gemeinde treu, auf seinem Posten. | נאמן לעדתו עמד על משמרתו |
[12] Ein Gerechter ging verloren, ein Mann, der gewandt in seinem Beruf war. | אבד צדיק איש המהיר במלאכתו |
[13] Aufersteh(en) wird er, sein Hoffen wird nicht enttäuscht werden. | לתחי’ יעמוד לא נכזבה תוחלתו |
[14] S(eine Seele) g(ing hinweg) am h(eiligen) Sch(abbat), dem 25. Cheschwan 658 n(ach der kleinen Zeitrechung), | י”נ ביום ש”ק כה חשון תרנח ל |
[15] und wurde begraben am Sontag, dem 26., daselbst mit großer Ehre | ונקבר יום א כו בו בכבוד גדול |
[16] und mit bitterem Wehklagen. | ובמספד מר |
[17] S(eine) S(eele) m(öge eingebunden sein) i(m Bund) d(es Lebens). | ת’נ’צ’ב’ה’ |
[18] Der Name seiner Mutter war Mirjam. | ושם אמו מרים |
Anmerkungen
Zeile 1: Genesis 1,16 המארת הגדלים in der rabbinischen Literatur Ehrentitel für große Rabbiner (in Israel).
Zeile 1: babylonischer Talmud, Traktat Megilla 28b: צנא דמלי סיפרי gemeint ist “ein großer Gelehrter”. Hier als wörtliches Zitat verwendet; der negative Beigeschmack dieser Bezeichnung für einen Gelehrten in der Talmudstelle kommt hier selbstveständlich nicht in Betracht.
Zeile 4: MORENU bedeutet wörtlich “u(nser) L(ehrer), H(err)”. Den MORENU-Titel erhielten nur besonders gelehrte Männer, Bernhard Wachstein bezeichnet ihn als “synagogaler Doktortitel” (siehe Bernhard Wachstein, Die Inschriften des Alten Judenfriedhofes in Wien, 1. Teil 1540 (?)-1670, 2. Teil 1696-1783, Wien 1912, 2. Teil, S. 15).
Zeile 7: Jesaja 45,19 מגיד מישרים; vgl. babylonischer Talmud, Traktat Berachot 9b u.a. ” … im Namen der heiligen Gemeinde zu Jerusalem” …משום קהלא קדישא דבירושלים….
Zeile 9: Klagelieder 5,16 נפלה עטרת ראשנו.
Zeile 10: Vgl. Exodus 28,2.40 “… zur Ehre und zum Schmuck …” לכבוד ולתפארת; vgl. auch Psalm 8,6 וכבוד והדר.
Zeile 11: Vgl. Habakuk 2,1 “Ich will auf meine Posten stehen …” על משמרתי אעמדה, weiters 2 Chronik 7,6 u.a.
Zeile 12: Vgl. Jes 57,1 “Der Gerechte kommt um…” הצדיק אבד….
Sprüche 22,29 איש מהיר במלאכתו.
Zeile 13: Ijob 41,1 תחלתו נכזבה.
Zeile 9-13: Akrostichon: Die Anfangsbuchstaben ergeben den hebräischen Vornamen des Verstorbenen (Nataniel).
Zeile 16: Ezechiel 27,31 מספד מר.
Biografische Notizen
Samuel (Jehuda Nataniel) Spitzer, Rabbiner-Stellvertreter, gestorben mit 61 Jahren an Herzerweiterung; wohnhaft: Unterberg-Eisenstadt 30.
Vater: Adolf Spitzer (Religionslehrer in Unterberg-Eisenstadt)
Mutter: Maria Rechnitzer
Ehefrau: Maria Eckstein
Tochter: Netti Spitzer, geb. 10. April 1878
Sohn: Isidor Spitzer, gest. 14. März 1924
Material und Maße des Grabsteins
Marmor, 130/27/16
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