Personenregister jüngerer jüdischer Friedhof Eisenstadt
Sigmund (Paltiel) Schneider, 11. Tischre 677 (= Sonntag, 08. Oktober 1916)
Standortnummer: 302
Die Grabinschrift
[1] H(ier liegt) b(egraben) | פ”נ |
[2] ein untadeliger und rechtschaffener Mann. | איש תם וישר |
[3] Makellos lebte er und übte Gerechtigkeit. | הלך תמים ופעל צדק |
[4] Got(tes)fürchtig war er all seine Tage | ירא אלהי’ כל ימיו |
[5] ein Gerechter in seinem Glauben, | צדיק באמונתו היה |
[6] d(er) edle […] | ח(…) היקר |
[7] Paltiel, | פלטיאל |
[8] Sohn d(es) CH[(AVER)] H(errn) Kalonymus Schneider | בן הח(…)ר קלונימוס שניידער |
[9] Er starb be(ta)gt in hohem Alter | מת ב(זק)נה ושיבה טובה |
[10] am Freitag, V(orabend des) h(eiligen) Sch(abbat), und wurde begraben in gutem Ruf | ביום ו עשק ונקבר בשם טוב |
[11] am Sonntag, dem 11. des Monats Tischre | ביום א יא לחודש תשרי |
[12] des Jahres 677 n(ach der) k(leinen) Z(eitrechnung). | שנת תרעז לפ’ק |
[13] S(eine) S(eele) m(öge eingebunden sein) i(m Bund) d(es Lebens). | ת’נ’צ’ב’ה’ |
Anmerkungen
Bei der Inschrift ist die höchstwahrscheinlich ursprünglich schwarze Farbe an sehr vielen Stellen abgeblättert; da die Buchstaben zum Teil nur sehr oberflächlich eingemeißelt waren, ist die vorliegende Lesung tw. als Vorschlag zu sehen.
Zeile 2: Ijob 1,8 und 2,3.
Zeile 3: Psalm 15,2 הולך תמים ופעל צדק, vgl. auch Sprüche 28,18. Babylonischer Talmud, Traktat Makkot 24a setzt den makellos Wandelnden mit Abraham gleich הולך תמים זה אברהם mit Verweis auf Genesis 17,1 “… er (der Herr) sprach zu ihm (Abraham): … sei rechtschaffen”.
Zeile 8: Der CHAVER ist ein verliehener Ehrentitel. Die Taxe für die Verleihung betrug 1803 in Eisenstadt 9 fl. für einen Höchstbesteuerten, für einen der mittleren Kategorie 4 fl. 30 kr., für einen der niedrigen Kategorie nur 2 fl. Der Graduierte wurde am Schabbat nach der Verleihung zur Tora aufgerufen. Verliehen wurde der CHAVER-Grad von der Gemeinde, der Rabbiner musste jedoch seine Zustimmung geben.
Zeile 9: 1 Chronik 29,28 u.a בשיבה טובה.
Zeile 10: Vgl. Berachot 17a “…Heil dem, der … mit gutem Namen gestorben ist …” …אשרי… שנפטר בשם טוב…; vgl. auch babylonischer Talmud, Traktat Avot II,8 “…hat er einen guten Namen erworben, hat er etwas für sich erworben” …קנה שם טוב, קנה לעצמו…. Der gute Name kommt im Gegensatz zu allen anderen geistigen und sittlichen Gütern fast ausschließlich dem Besitzer zugute und bleibt auch nach dem Tod sein eigen (Hirsch Samson Raphael, Siddur. Israels Gebete, Zürich-Basel 1992, 443); s. auch Avot IV, 7 “… Drei Kronen gibt es: die Krone der Tora, die Krone des Priestertums und die Krone des Königtums; die Krone des guten Namens aber erhebt sich über sie” … שלשה כתרים הן: כתר תורה וכתר כהונה וכתר מלכות: וכתר שם טוב עולה על גביהן.
Biografische Notizen
Sigmund (Paltiel) Schneider, geb. 15. September 1855 in Eisenstadt, Judengasse 7. Die Zuordnung “Paltiel Schneider = Sigmund Schneider” ist nicht 100% sicher, da wir keinen Eintrag in den Sterbematriken (Wien, Eisenstadt, Neudörfl, Mattersburg) finden konnten und daher den bürgerlichen Namen nicht sicher kennen. Allerdings ist er laut hebräischer Grabinschrift, Zeile 8, der Sohn von Kalonymus Schneider und liegt auch in der selben Reihe wie sein (vermutlicher) Vater und seine (vermutlichen) Brüder Samuel Schneider und Bernard/Beno (Baruch Michael) Schneider.
Vater: Karl (Kalonymus) Schneider, gest. 08. Juni 1911 in Eisenstadt
Mutter: Anna (Ginendel, Netti) Schneider, geb. Auserlitz, gest. 15. Jänner 1906 in Eisenstadt
Schwestern:
Charlotte Schneider, geb. 30. Mai 1851, Geburts- und Wohnort: Eisenstadt, geh. 06. Jänner 1875 in Eisenstadt Samu / Samuel (Salman) Breier / Breyer / Breuer / Bräuer, gest. 09. Dezember 1887
Pauline Schneider, geb. 09. Juni 1865 (Mutter: Betti (sic!))
Brüder:
Bernard/Beno (Baruch Michael) Schneider, gest. 20. Mai 1937 in Eisenstadt
Samuel Schneider, geb. 09. August 1847, gest. 05. Mai 1928 in Eisenstadt
Ehefrau: Friederike, geb. Lichtblau, Tochter von Heinrich Lichtblau und Rosalia Kugler, Wien; geh. 15. Oktober 1893 in Neudörfl, eingetragen in Mattersdorf. Sigmund war bei der Hochzeit 38 Jahre, Friederike 21 Jahre alt, beide ledig. Friederike stirbt am 06. April 1910 als Franziska (sic!) Schneider (s.u. Sterbematriken).
Töchter:
Berta Schneider, geb. 04. Dezember 1895 in Unterberg-Eisenstadt, wh: Wien VII, Stuckgasse 6, gest. 26. Mai 1896 im Alter von 5 Monaten in Wien an Epilepsie.
Bianca Schneider, geb. 25. Mai 1895 in Unterberg-Eisenstadt, wh: Wien VII, Stuckgasse 6, ausgetreten aus dem Judentum 15. August 1926
Söhne:
Stefan Schneider, Musiker, geb. 17. November 1894 in Wien III, Fasangasse 26, geh. 17. April 1921 Martha (Margarete) Vogl, geb. 26. Juli 1896 in Wien, 1 Tochter: Ilse Schneider, geb. 18. November 1923 in der Billrothstraße, Wien. Sowohl Stefan Schneider als auch seine Ehefrau wurden in der Schoa ermodet. Stefan im ehemaligen Jugoslawien in einem unbekannten Lager, das Testimonial (mit Foto von Stefan Schneider) auf Yad Vashem schrieb der Ehemann seiner Enkelin, Christopher Bennett, aus Großbritannien. Stefan Schneider wurde am 06. August 1951 vom Landesgericht Wien für tot erklärt.
Martha (Margerete) Schneider, geb. Vogl, wurde am 26. Jänner 1942 mit Transport 15 von Wien nach Riga transportiert und ermordet (Eintrag Yad Vashem). Margarete Schneider wurde am 07. August 1951 vom Landesgericht Wien für tot erklärt.
Josef Schneider, geb. 17. September 1899, gest. 06. Februar 1904
Material und Maße des Grabsteins
Kalksandstein, 130/55/25
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