Personenregister jüdischer Friedhof Kobersdorf
Leser, Sohn des Joel Löb, 29. Nisan 580 (= Donnerstag, 13. April 1820)
Die Grabinschrift
[1] S(eine Seele) g(ing hinweg) am Donnerstag, d(em Vorabend) d(es Neumon)t(ages) | ינ יום ה ערח |
[2] und er wurde begraben a(m Vorabend) d(es heiligen) Sch(abbat), dem N(eumond)t(ag) Ijjar | ונקבר עשק רח אייר |
[3] 580 n(ach der kleinen Zeitrechnung). | תקפל |
[4] Nicht auf euch, ihr alle, die ihr des Weges vorüberzieht. | לא עליכם כל עוברי דרך |
[5] Die Augen flossen (vor Tränen), denn andauern wird die Finsternis. | יזלו עינים כי חשך תארך |
[6] Lauter und rein, eine Otter auf dem Pfad. | זך ונקי שפיפון עלי אורח |
[7] Zart an Jahren enteilte er schnell und flog dahin. | רך בשנים גז חיש ופרח |
[8] D(er vollkommene) u(nverheiratete Mann), der Teure, d(er ehrbare) H(err) Leser, S(ohn des) H(errn) Joel Löb. | הה היקר כ”ה ליזר ב”ה יואל ליב |
[9] S(eine) S(eele) m(öge eingebunden sein) i(m Bund) d(es Lebens). | תנצבה |
Anmerkungen
Zeile 1/2: Der 1. Neumondtag Ijjar 580 war Freitag, 14. April 1820.
Zeile 4: Babylonischer Talmud, Traktat Sanhedrin 104b לא אליכם כל עוברי דרך mit Verweis auf Klagelieder 1. Im Talmudzitat אליכם und nicht wie in der Inschrift עליכם. In der Stelle geht es um die Absprechung des Unglücks, dass also jemand, der einem anderen einen bösen Vorfall erzählt, hinzufügen muss “dir möge das nicht begegnen”.
Zeile 5: Vgl. Klagelieder 1,16 עיני עיני ירדה מים “mein Auge, mein Auge, trieft vor Wasser” bzw. Psalm 147,18 יזלו מים “flossen Wasser”.
Zeile 6: Genesis 49,17 (über Dan) יהי דן נחש עלי דרך שפיפן עלי ארח “Dan wird zur Schlange am Weg, zur Otter auf dem Pfad”.
Zeile 7: רך בשנים: s. dazu Kommentar des Raschi sowie Targum zu Genesis 41,43 “… man rief vor ihm (Josef) aus: ‘Abrech’ …” …וויקראו לפניו אברך …. Die Buchstaben des Wortes אברך werden als Notarikon gesehen und in die Eigenschaften Josefs aufgelöst: אב בחכמה und רך “ein Vater der Weisheit” und “jung/zart” an Jahren”); s. auch GenesisRabba 90,3 mit gleicher Deutung.
Psalm 90,10 כי גז חיש ונעפה “denn es eilt schnell davon, wir fliegen davon”. In der Zeile der hebräischen Grabinschrift geht sich das Verb ונעפה nicht aus und man ersetzt es offenbar bewusst mit ופרח, das die selbe Bedeutung hat.
Zeile 4-7: Akrostichon: Die Anfangsbuchstaben ergeben den hebräischen Vornamen des Verstorbenen (Leser).
Zeile 8: Die Abkürzung ה”ה kann viel bedeuten, ich hab mich hier, weil es sich um einen jungen Mann handelt, für הבחור המשלם entschieden. Möglich auch etwa הוא הנער “Das ist der junge Mann”.
Ligatur von א und ל in יואל .
Biografische Notizen
Leser, Sohn des Joel Löb, gest. 29. Nisan 580 = Donnerstag, 13. April 1820, begraben am 30. Nisan 580 (1. Neumondtag Ijjar) = Freitag, 14. April 1820. Vor der Matrikenzeit (das Sterbebuch beginnt 1833).
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