Personenregister jüdischer Friedhof Kobersdorf
Franziska (Fradel) Basch, 17. Marcheschwan 638 (= Mittwoch, 24. Oktober 1877)
Die Grabinschrift
[1] H(ier liegt) b(egraben) eine teure und angesehene Frau, Frau | פנ אשה יקרה וחשובה מרת |
[2] {Krone} | {כתר} |
[3] Fradel, | פראדל |
[4] Ehefrau des Arztes MORENU Chajim Basch, s(ein Licht) m(öge leuchten). | אשת הרופא מהו חיים באש ני |
[5] I(hre Seele) g(ing hinweg) am 17. Marcheschwan 638 n(ach der) k(leinen) Z(eitrechnung). | ני יז מרחשון תרלח לפק |
[6] Ihren Mund öffnete sie immer in Weisheit. | פיה פתחה תמיד בחכמה |
[7] Wie eine Gazelle eilte sie dem Willen ihres Schöpfers nach. | רצתה כצבי לרצון בוראה |
[8] Ihr Herz wandte sie nicht den Hoffärtigen zu. | אל רהבים לבה לא פנתה |
[9] Den Armen und Bedürftigen gab sie von ihrem Brot. | דלים ועניים מלחמה נתנה |
[10] Sie stieg nach oben um ihren Lohn zu empfangen. | למעל עלתה לקבל שכרה |
[11] I(hre) S(eele) m(öge eingebunden sein) i(m Bund) d(es Lebens). | תנצבה |
Anmerkung
Zeile 1: Babylonischer Talmud, Traktat Schabbat 59b אשה חשובה u.a.
Zeile 2: Zum Symbol der Krone s. besonders Avot IV, 7 “… Drei Kronen gibt es: die Krone der Tora, die Krone des Priestertums und die Krone des Königtums; die Krone des guten Namens aber erhebt sich über sie” … שלשה כתרים הן: כתר תורה וכתר כהונה וכתר מלכות: וכתר שם טוב עולה על גביהן. Vgl. auch Berachot 17a “…Heil dem, der … mit gutem Namen gestorben ist …” …אשרי…שנפטר בשם טוב; vgl. auch babylonischer Talmud, Traktat Avot II,8 “…hat er einen guten Namen erworben, hat er etwas für sich erworben” …קנה שם טוב, קנה לעצמו…. Der gute Name kommt im Gegensatz zu allen anderen geistigen und sittlichen Gütern fast ausschließlich dem Besitzer zugute und bleibt auch nach dem Tod sein eigen (Hirsch Samson Raphael, Siddur. Israels Gebete, Zürich-Basel 1992, 443). Das Symbol der Krone drückt also vor allem aus, dass Franziska Basch mit gutem Namen, in gutem Ruf gestorben ist.
Zeile 3: Der Segenswunsch “Sein Licht möge leuchten” steht, weil der Εhemann beim Ableben seiner Frau noch am Leben war. Siehe unten, Dr. Hermann (Chajim) Basch starb am 06. August 1893.
Zeile 4: MORENU bedeutet wörtlich “u(nser) L(ehrer), H(err)”. Den MORENU-Titel erhielten nur besonders gelehrte Männer, Bernhard Wachstein bezeichnet ihn als “synagogaler Doktortitel” (siehe Bernhard Wachstein, Die Inschriften des Alten Judenfriedhofes in Wien, 1. Teil 1540 (?)-1670, 2. Teil 1696-1783, Wien 1912, 2. Teil, S. 15).
Zeile 8: Psalm 40,5 ולא פנה אל רהבים.
Zeile 9: Schlecht/falsch graviert, es kann m.E. nur מלחמה “von ihrem Brot” gemeint sein.
Zeile 6 bis 10: Akrostichon: Die Anfangsbuchstaben ergeben den hebräischen Vornamen der Verstorbenen (Fradel).
Biografische Notizen
Franziska (Fradel) Basch, geb. ca. 1823 in Tultschah (= heute Tulcza in Rumänien), gest. 17. Marcheschwan 638 = Mittwoch, 24. Oktober 1877 mit 54 Jahren in Kobersdorf
Ehemann: Dr. Hermann (Chajim) Basch, Arzt, geb. ca. 1809, gest. 06. August 1893 mit 84 Jahren an Altersschwäche in Kobersdorf 148
Personenregister jüdischer Friedhof Kobersdorf