Am Schabbat / Samstag Abend beginnt bei uns in der Diaspora das “Freudenfest der Tora”, Simchat Tora.
Es fällt in der Diaspora auf den den 23. Tischre, den 9. Sukkottag, und ist völlig der Freude gewidmet.
In Israel ist der 8. Tag der letzte Tag der Feiertage, die mit Sukkot beginnen und Simchat Tora wird an Schmini Atzeret (“8. Tag der Versammlung” bzw. “Schlussfest”) gefeiert.
Einen schnellen und lustigen Überblick über die Tora und Simchat Tora finden Sie im folgenden Video:
2021 JLID, Was ist eigentlich Simchat Tora?
Der Name “Simchat Tora” findet sich weder in der Bibel noch im Talmud, sondern erst in der späteren rabbinischen Literatur. Dort finden wir auch die Erklärung, warum das Fest, an dem der alte Torazyklus mit dem 5. Buch Mose und dem Tode des Mose endet und der neue Zyklus mit dem 1. Buch Mose und der Erschaffung der Welt beginnt, “Simchat Tora” heißt.
הגה וקורין י”ט האחרון שמחת תורה לפי ששמחין ועושין בו סעודת משתה לגמרה של תורה ונוהגין שהמסיים התורה והמתחיל בראשית נודרים נדבות וקוראים לאחרים לעשות משתה (טור)…
Der letzte Tag der Feiertage wird ‘Simchat Tora’ genannt, weil wir uns an diesem Tag freuen und ein festliches Mahl zubereiten zu Ehren des Vollendens des Torazyklus. Es ist Brauch, dass derjenige, der den Torazyklus beendet und derjenige der mit dem neuen Zyklus beginnt, eine Spende machen und alle zu einem Fest einladen soll…
Schulchan Aruch, Orach Chajim 669
Eine Besonderheit, die ebenfalls im Schulchan Aruch, s.o., erwähnt wird, gibt es zu Simchat Tora auch bei der Toralesung (Alija la Tora). Da zu Simchat Tora alle in der Synagoge Anwesenden zur Alija aufgerufen werden sollen, wird zuerst bis Deuteronomium (5. Buch Mose) 33,26 in 5 Teilen gelesen. Damit wirklich jeder Anwesende die Möglichkeit hat zu lesen, wird dieser Toraabschnitt so oft und immer wieder gelesen, bis alle Alija machen konnten. Damit in großen Gemeinden das ganze Prozedere nicht zu lange dauert, ist es oft Brauch, die Tora auf verschiedenen Plätzen gleichzeitig zu lesen oder auch mehrere Anwesende zu jeder Alija aufzurufen.
Für die letzte Alija werden die Kinder aufgerufen. Üblicherweise wird die Ehre einem der angesehenen Gläubigen zuteil, der dann seinen Tallit (Gebetsmantel) wie einen Baldachin ausbreitet, unter dem die Kinder stehen und die Segenssprüche aufsagen. Nach dem zweiten Segen rezitiert die Gemeinde den Segen, den Jakob seinen Enkeln, den Söhnen Josephs, auf den Weg gab:
וַיְבָ֥רֶךְ אֶת־יוֹסֵ֖ף וַיֹּאמַ֑ר הָֽאֱלֹהִ֡ים אֲשֶׁר֩ הִתְהַלְּכ֨וּ אֲבֹתַ֤י לְפָנָיו֙ אַבְרָהָ֣ם וְיִצְחָ֔ק הָֽאֱלֹהִים֙ הָרֹעֶ֣ה אֹתִ֔י מֵעוֹדִ֖י עַד־הַיּ֥וֹם הַזֶּֽה׃הַמַּלְאָךְ֩ הַגֹּאֵ֨ל אֹתִ֜י מִכׇּל־רָ֗ע יְבָרֵךְ֮ אֶת־הַנְּעָרִים֒ וְיִקָּרֵ֤א בָהֶם֙ שְׁמִ֔י וְשֵׁ֥ם אֲבֹתַ֖י אַבְרָהָ֣ם וְיִצְחָ֑ק וְיִדְגּ֥וּ לָרֹ֖ב בְּקֶ֥רֶב הָאָֽרֶץ׃
Er segnete Josef und sprach: Gott, vor dem meine Väter Abraham und Isaak ihren Weg gegangen sind, Gott, der mein Hirt war mein Lebtag bis heute, der Engel, der mich erlöst hat von jeglichem Unheil, er segne die Knaben. Unter ihnen soll mein Name und der Name meiner Väter Abraham und Isaak genannt werden. Sie sollen sich mitten im Land in Fülle tummeln.
Genesis 48,15-16
Der letzte Teil der Tora, der mit Deuteronomium 33,27 מְעֹנָהֿ֙ אֱלֹ֣הֵי קֶ֔דֶם “Der ewige Gott, der die Grundfesten der Erde stützt” beginnt, ist für den sogenannten “Chatan Tora” (“Bräutigam der Tora”)[1] reserviert. Meist handelt es sich um ein besonders angesehenes Gemeindemitglied oder um den Rabbiner.
Nach Beendigung seiner Lesung wird die zweite Torarolle am Vorlesepult aufgelegt und die Lesung beginnt mit dem ersten Kapitel von Genesis, der Erschaffung der Welt.
Damit beginnt der Torazyklus von neuem, weil das Studium der Tora ein unendlicher Prozess ist (s. Schulchan Aruch, a.a.O.).
Jene Person, die zu dieser Alija aufgerufen wird, nennt man “Chatan Bereschit” (“Bräutigam des Anfanges”; “Bereschit ‒ im Anfang” ist das erste Wort der hebräischen Bibel). Auch der Chatan Bereschit ist üblicherweise ein angesehenes Gemeindemitglied.
Im Israel Museum in Jerusalem befinden sich ein Sessel für den Chatan Tora und einer für den Chatan Bereschit aus Mantua, 1770:
[1] Mehr zu den “Bräutigamen des Gesetzes” und über andere Riten (yemenitisch, orientalisch…): Bridegrooms of the Law (Englisch!) [Zurück zum Text (1)]