Was Judit und Holofernes mit Chanukka zu tun haben
Übermorgen, am Dienstag, dem 20. Dezember, ist der 24./25. Kislew und damit Erev Chanukka. Es ist wohl hinlänglich bekannt, dass das achttägige Chanukkafest an die Wiedereinweihung des Altars im Jerusalemer Tempel durch Judas Makkabäus 164 v.d.Z. erinnert, nachdem der seleukidische (hellenistisch-griechische) König Antiochus Epiphanes vier Jahre zuvor den Tempel entweiht hatte. So lesen wir im ersten Buch der Makkabäer 4,52-59, das sich übrigens – und das mag erstaunen – wie auch das zweite Buch der Makkabäer nicht in der hebräischen Bibel befindet!
Im Traktat Schabbat 21b des babylonischen Talmud werden die acht Tage mit einer Legende begründet, dass nämlich das wenige vorhandene Öl nicht ausreichte, um die Flammen des Leuchters acht Tage zu nähren, und nur ein einziges Krüglein Öl tatsächlich den Leuchter acht Tage lang speisen konnte, bis wieder neues “koscheres” (rituell taugliches) Öl zur Verfügung stand:
Ein großes Wunder geschah dort!
Judit mit dem abgeschlagenen Kopf des Holofernes. Illustration zu Chanukka im Birkat ha-mazon von Meschullam Simmel, Wien 1751.
Das Büchlein ist übrigens gerade mal 8.4cm x 10.4cm groß und in unserer Dauerausstellung zu besichtigen!
Wir befassen uns heute ein wenig mit den “Birkat-ha-mazon”-Büchlein, einer Sammlung von – vor allem ab dem 18. Jahrhundert – meist eher textknappen Segenssprüchen zu den verschiedensten Situationen des Alltags samt den dazugehörigen Illustrationen, die in keinem jüdischen Haushalt fehlen durften. Der älteste und nur in einem einzigen Exemplar erhaltene Druck eines solchen Büchleins wurde im Jahr 1514 in Prag herausgebracht. Einheitlich in allen Handschriften finden wir am Beginn die Segenssprüche zu den beiden Freudenfesten Purim und Chanukka, wobei insbesondere eine Bildrezension zu Chanukka nicht ganz leicht zu überblicken ist. Denn in vielen Birkat-ha-mazon-Handschriften und -Drucken ist der Chanukkatext nicht nur mit einem Leuchter illustriert, den der in zeitgenössische Tracht gekleidete Hausherr entzündet, sondern es findet sich noch zusätzlich die Darstellung von Judit, die dem schlafenden Feldherrn Holofernes den Kopf abschneidet und diesen in einen von ihrer Dienerin bereitgestellten Sack gibt.
Die Geschichte von Judit und Holofernes lesen wir übrigens im Buch Judit, das sich – wiederum erstaunlich – so wie die beiden Makkabäerbücher ebenfalls nicht in der hebräischen Bibel findet:
Dann ging sie zum Bettpfosten am Kopf des Holofernes und nahm von dort sein Schwert herab. Sie ging ganz nahe zu seinem Lager hin, ergriff sein Haar und sagte: Mach mich stark, Herr, du Gott Israels, am heutigen Tag! Und sie schlug zweimal mit ihrer ganzen Kraft auf seinen Nacken und hieb ihm den Kopf ab. Dann wälzte sie seinen Rumpf von dem Lager und riss das Mückennetz von den Tragstangen herunter. Kurz danach ging sie hinaus und übergab den Kopf des Holofernes ihrer Dienerin, die ihn in einen Sack steckte …
Judit, 13, 6-10
Ein Chanukka-Pijjut, also eine religiöse Dichtung zum Fest, erklärt die Verbindung der Judith-Holofernesgeschichte mit jener von Chanukka:
Demnach verbot König Antiochus Epiphanes nicht nur die Ausübung der jüdischen Religion, sondern bestimmte als weitere judenfeindliche Maßnahme, dass dem Oberkommandanten das “ius primae noctis” zustehe. Als dieses aber bei der Tochter des Hohepriesters Jochanan zur Anwendung kommen sollte, töteten ihre Brüder mit Judas Makkabäus an der Spitze den feindlichen Feldherrn. Daraufhin zog Holofernes aus Rache gegen Jerusalem und wurde dort von der tapferen Judit getötet.
Daher findet man diese Darstellung vor allem in jenen Birkat-ha-mazon-Handschriften, die für weibliche Besitzer bestimmt waren, um auf die tapferen Frauen Israels hinzuweisen …
Bleibt noch anzumerken, dass der Chanukkabrauch, gesalzene Käsegerichte zu essen, auf dieses Ereignis zurückgeht: Angeblich setzte Judit dem Holofernes gesalzenen Käse vor und nachdem dieser seinen großen Durst mit vielen Bechern Wein gelöscht hatte und betrunken eingeschlafen war, konnte sie ihm den Kopf abschlagen.
Aber nicht mit dem Klassiker “Maos Zur“, einem Pijjut aus dem 13. Jahrhundert, sondern mit einem sehr modernen rockigen Adam Sandler wünschen wir allen Leserinnen und Lesern ein fröhliches Chanukkafest – Happy Chanukka – חג אורים שמח
und außerdem unseren christlichen Leserinnen und Lesern ein frohes Weihnachtsfest und allen einen guten Start ins Neue Jahr!
Lieber Meir,
bitte um Entschuldigung für die verspätete Antwort, ich bin derzeit nicht im Büro …
Dass die Geschichten der Judit (mit Holofernes) und Chanukka zueinander in Verbindung gebracht werden, ist mehrfach belegt. So lesen wir im oben (unter “Beilage”) angegebenen Link (j-zeit.de), dass der Konvertit Anthonius Margaritha, ein Rabbinersohn, in seinem 1530 in Augsburg erschienenen Buch “Der Gantz Jüdisch Glaub” die Feier von Chanukka beschreibt und zur Liturgie anmerkt, dass die besonderen Gebete dieses Festes sich auf die Makkabäerbücher und die Geschichte Judiths beziehen.
Ebenfalls dort zitiert wird Leon Modena:
Und eben auf diese Verbindung bezieht sich doch auch die Käsegeschichte, die wir etwa auch im Schulchan Aruch Orach chaim 670 A finden, wo Rabbi Mose Isserles Rabbenu Nissim und Kolbo zitiert:
Die Geschichte selbst wird offensichtlich in verschiedenen Variationen tradiert. Meistens finden wir, dass das Ereignis während des Makkabäeraufstands geschah und Judit die Tochter des Hohepriesters Jochanan war.
In jedem Fall aber gilt die heroische Tat Judits als Vorbild für die Juden, insbes. wie oben gesagt, für die jüdischen Frauen.
Nun, zur konkreten Abbildung. im oben gezeigten Minhagbüchlein finden wir die abgebildete Szene ja unter dem Kapitel “Purim und Chanukka”! Auch der hebräische Text, den man auf unserem Bild oben noch so weit erkennen kann, ist der Chanukkatext.
Dass der Hausherr nicht die Chanukkia anzündet, sondern den 7armigen Leuchter; stört mich eigentlich gar nicht, sondern im Gegenteil, der Leuchter, der im wiedereingeweihten Tempel (nach den später als Legende tradierten 8 Tagen) wieder entzündet werden konnte, war doch die “Menora”, also der 7armige Leuchter des Jerusalemer Tempels. Die Chaunkkia mit ihren 8 Armen bezieht sich auf Schabbat 21b (s.o.).
Und zuletzt die schlechte Nachricht: Während meines Studiums lasen wir in einem Privatissimum die entsprechenden Stellen, auf die ich mich gut erinnern, sie aber leider auch nicht mehr finden kann. Werde aber jedenfalls weiter suchen …
Dear Johannes,
I was wondering how Jehudit from the Assyrian war came to Chanukah and the Greek-Syrian wars against Yehuda.
You write: ” Ein Chanukka-Pijjut, also eine religiöse Dichtung zum Fest, erklärt die Verbindung der Judith-Holofernesgeschichte mit jener von Chanukka:”
It sounds interesting. Can you please refresh my memory and let us know which PIJJUT connects between the two? Thank you.
Sending a link to one other PIJJUT for Chanukka:
http://www.youtu.be/watch?v=CH4JUAzn8-E&feature=related
Wishig a HAPPY CHANUKKA to all.
Dear Johannes,
Do you know who draw that picture, and its caption? It seems that it entered the BIRKAT HAMAZON for Hanukah just because Meschullam Simmel (the publisher?) saw on the picture a MENORA = 7 branched Candlestick which is being lit, and connected it to Hanukah. It is a MENORA not a HANUKIA = 8 branched candlestick + SHAMASH = (here) an additional candle to light the Hanukah candles with.
Does my assumption make sense?
I still cannot find a connection between the times of Holofernes and Antiochus, who were living in different times, to connect the two events. Do you have the PIJJUT that you mentioned?
Was Judit und Holofernes mit Chanukka zu tun haben?