Wie Sie auch ohne großartige Hebräischkenntnisse Namen und Todesdaten in hebräischen Inschriften finden und übersetzen können
Vorweg: Selbstverständlich liegt es mir fern zu suggerieren, dass mit keinen oder minimalen Hebräischkenntnissen hebräische Grabinschriften auch nur einigermaßen korrekt erfasst werden können. Da aber der Aufbau von hebräischen Grabinschriften stets mehr oder weniger derselbe ist, können Sie auch mit nur bescheidenen Kenntnissen des Hebräischen (immer wiederkehrende) Strukturen erkennen und mehr aus einer Inschrift herauslesen, als Sie vielleicht vermuten. Insbesondere Name und Sterbedatum sollten meist kein Problem sein.
Salopp formuliert:
Es geht in diesem Beitrag einzig und allein darum, dass Sie eine hebräische Grabinschrift strukturell erkennen und einige Details lesen können. Drucken Sie diesen Beitrag aus, gehen Sie auf den nächstliegenden jüdischen Friedhof mit hebräischen Inschriften und versuchen Sie, einzelne Elemente des untenstehenden Schemas (wie Name, Datum usw.) zu erkennen bzw. zu lesen.
Schematischer Aufbau einer Grabinschrift
Achtung: Hebräisch wird immer von rechts nach links gelesen!
Symbol
(Träneneiche; Krug mit Becken (Leviten); Hände (Kohanim, Priester) etc.)
Hier liegt geborgen פ”ט / פ”נ
פה טמון / טמונה // פה נטמן / נטמנת
po tamun / tmuna // po nitman / nitmenet
Geschlechtsangabe, Titulaturen, ehrende Beiwörter
(Titulaturen und ehrende Beiwörter beziehen sich bei Männern praktisch immer auf religiöse Würden und Ämter, bei Frauen stehen meist Bibelzitate.)
ein Mann (“isch”) איש + Eigenschaft(swort), eine Frau (“ischa”) אישה + Eigenschaft(swort)
Herr (“Rev”) ר” (רב) + Name, Frau (“Marat”) מ” (מרת) + Name
der CHAVER (“He-chaver”, niederer Rang in der Gemeindehierarchie) ה”ח (החבר)
ein angesehener Mann (isch nichbad) איש נכבד
der ehrenhafte Herr (kvod harav) כ”ה (כבוד הרב)
eine bedeutende Frau (ischa chaschuva) אשה חשובה
die bescheidene Frau (ha-ischa ha-znu’a) האשה הצנועה
Name + ז”ל / ע”ה
זכרונו / זכרונה לברכה // עליו / עליה השלום
sichrono / sichrona livracha (sein / ihr Andenken möge bewahrt werden)
alav / aleha ha-schalom (auf ihm / auf ihr sei der Friede)
Herr Mose Wolf, sein Andenken möge bewahrt werden ר” משה וואלף ז”ל (זכרונו לברכה)
Frau Resl Austerlitz, auf ihr sei der Friede מרת ריזל ע”ה (עליה השלום)
Ableben י”נ
(Das Ableben wird meist durch einen positiven Ausdruck umschrieben;
nur selten: er / sie “starb (met/a)” מת / מתה)
Seine / Ihre Seele ging hinweg יצאה נשמתו / נשמתה
Die Zahlenwerte jener hebräischen Buchstaben, die mit Punkten oder Strichen gekennzeichnet sind, werden einfach zusammengezählt. Das Ergebnis, eine Hunderterzahl, addieren Sie zum (bürgerlichen) Jahr 1240 einfach dazu. Ergibt die Summe z.B. 697 תרצ”ז, haben wir das (Sterbe)jahr 1937 (1240 + 697).
Genau genommen ist dies das jüdische Jahr 5697. Die Zahl 5, also die Tausenderzahl, wird aber meist nicht geschrieben (wie bei uns ’10 statt 2010), es steht statt z.B. 5697 meist nur 697.
Fast immer wird dann nach der Jahreszahl als Zusatz “nach der kleinen Zeitrechnung”, d.h. “ohne Tausenderzahl”, angefügt:
(wörtlich) “nach der kleinen Zählung (lifrat katan)” לפ”ק = לפרט קטן
Achten Sie auf diese 3 Buchstaben, denn davor steht immer die Jahreszahl!
Vorsicht ist allerdings geboten, wenn ein Datum der Monate Tischre, Cheschwan, Kislew und Tevet umgerechnet wird. Da das jüdische Jahr im Herbst beginnt, fällt ein Datum der genannten vier Monate noch in das “alte” bürgerliche Jahr.
Meist findet man vor der Jahreszahl (ב)שנת “(bi)schnat”, “(im) Jahr…” (von: שנה “schana”, “Jahr”).
Lob
(Dieser oft sehr lange Text beinhaltet meist viele biblische und rabbinische Zitate und wird hier nicht näher beschrieben)
Schlussworte (Schlusseulogie) ת”נ”צ”ב”ה
תהי נפשו / נפשה צרורה בצרור החיים
tehi nafscho / nafscha zrura bizror ha-chajim (Seine / Ihre Seele möge eingebunden sein im Bund des Lebens, Anlehnung an 1 Samuel, 25,29).
פ”נ in feminine form should be נטמנה (past term as in the masculine) and not נטמנת nitmenet .
@Meir no, both is possible and in use: נטמנה and נטמנת!
To demonstrate it:
http://www.steinheim-institut.de/cgi-bin/epidat?function=Ins&sel=bme&inv=0024
http://www.steinheim-institut.de/cgi-bin/epidat?function=Ins&sel=bng&inv=0363
http://www.steinheim-institut.de/cgi-bin/epidat?function=Ins&sel=sb3&inv=0040
and many others …
and vice versa:
http://www.steinheim-institut.de/cgi-bin/epidat?function=Ins&sel=ar1&inv=0042
http://www.steinheim-institut.de/cgi-bin/epidat?function=Ins&sel=sb3&inv=0039
http://www.steinheim-institut.de/cgi-bin/epidat?function=Ins&sel=ffb&inv=2195
and many others …
@ Johannes.
Your first reference – Kalje bat Schlomo.
Here we find many grammar mistakes: זוגו and not זוגתו
ביתה היתה פתוחה instead of ביתה היה פתוח; instead , נקברה נפטרה it is נקברת נפטרת.
It is also interesting to note that on that gravestone the DALET and the RESH are written the same way. Actually all are RESH and none are DALET.
Your second reference I cannot read.
In the third – Ella bat Akiwa I read נפטרה and not נפטרת.
Whatever the reason of these writings, I hope that you agree, that in our context, נטמנת is grammatically wrong
@ Johannes. נטמנת means that she is put to rest at this moment. That surely is not the case as she is already buried at the time that the gravestone was put up. See also ( היא מוצאת (בראשית לח, כד.
She was put to rest in the past, therefore נטמנה.
Am very surprised that נפטרת, נקברת are used in the present term on tombstones.
In German we find:
1. “Sie wurde bestattet (begraben)” (נקברה/נטמנה), meaning: she was put to her last rest.
and
2. “Sie ist bestattet (begraben)” (נקברת/נטמנת), meaning: she lies buried [here].
@ Chaya-Bathya Markovits
Your number 2.
You write “she lies buried [here].” In Hebrew we would write it: טמונה/קבורה and not נקברת/נטמנת which means, in English: She is being put to rest, being buried.
Das Lesen funktioniert sogar mit einem Screen Reader, einer Zusatz-Software für blinde Nutzer. Lediglich bei Zahlenangaben scheint die Leserichtung nicht eindeutig zu sein.
Eine harte Nuss ist der Familienname, aber ich werde mich gerne an dem Rätsel versuchen.
Liebe Eva,
sorry, das dürfte meine Schuld sein, ich muss wohl die Laufrichtigung innerhalb der Zeile wechseln, sprich auch angeben, ich hab das jetzt mal bis auf die Jahreszahl ganz am Schluss gemacht, bitte nachsehen, ob es so besser klappt … danke!
An der Jahreszahl arbeit ich dann noch, wenn ich weiß, dass es der richtige Weg ist ;)
Es sieht für meinen Screen Reader “sauberer” aus. Die Jahreszahl am Schluss musst du nicht extra umstellen; das wäre aber ein interessantes Experiment, zumal der dazugehörige Punkt bei mir an ganz anderer Stelle steht, als er sollte.
Aber dafür kann auch mein Screen Reader verantwortlich sein.
Rätsellösung folgt per Mail. – Hat Spaß gemacht.
Danke! Gut, dann lass ich es so. Übrigens hast du mir mit deinem Kommentar sehr geholfen, denn durch die Richtungsangabe im Quelltext sind nun auch die Punkte für “Sehende” richtiger gesetzt, nämlich rechts von den Zahlen, da man diese ja auch von links nach rechts liest. Da gehen die Steinmetze bei Grabinschriften oft nicht ganz sauber damit um.
Die Jahreszahl lass ich wirklich (kriegs leider auch nicht sauberer hin), der Punkt sitzt – zumindest für mich – dort, wo er sitzen soll, nämlich am Schluss des Textes, also in diesem Fall links von der Zahl.