Personenregister jüngerer jüdischer Friedhof Eisenstadt
Josef Flaschner, 30. Tischre 687 (= Dienstag, 16. Oktober 1917)
Standortnummer: 522
Die Grabinschrift
[1] Hier ruht | היער רוהט |
[2] Josef, | יוסף |
[3] Sohn des Jakob Löb | בן יעקב ליב |
[4] Flaschner. | פלאשנער |
[5] Gest. 1. N(eu)m(ond)t(ag) Cheschwan 678. | געסט. א דרח חשון ת”רע”ח |
[6] S(eine) S(eele) m(öge eingebunden sein) i(m Bund) d(es Lebens). | ת’נ’צ’ב’ה’ |
Anmerkungen
Die Inschrift ist – bis auf das Wort בן, “Sohn” in Zeile 3 sowie das Monatsdatum und Sterbejahr in Zeile 5 und die Schlusseulogie – in deutscher Sprache verfasst, jedoch mit hebräischen Buchstaben geschrieben.
Biografische Notizen
Josef Flaschner, Kaufmann; geb. 09. September 1834 in Eisenstadt, gest. mit 86 Jahren (lt. Sterbematriken, s.u., korrekt: 83 Jahre!) am 16. Oktober 1917 um 01 Uhr nachts an Altersschwäche; Vorstand der israelitischen Kultusgemeinde: 1888-1891, 1899; wh: Oberberg-Eisenstadt, Esterházystraße 141.
Vater: Jakob Leopold (Löb) Flaschner
Mutter: Franziska (Fanni) Pollak
Schwester:
Barbara Flaschner, geb. 29. März 1837 in Eisenstadt
Ehefrau: Amalia Reininger, geh. 31. Oktober 1859 in Eisenstadt, gest. 01. Jänner 1918. Josef war bei der Hochzeit 25 Jahre, Amalia 26 Jahre alt, beide ledig.
Töchter:
Franziska / Fanni (Vögele) Flaschner, geb. 31. August 1862 in Eisenstadt 125 (Mutter: Mali Reininger), geh. 29. März 1881 Bernard/Beno (Baruch Michael) Schneider (s. dort Trauungsmatriken)
Allerdings ist (seltsamerweise) eine Fanni (Pessl) Flaschner auch am 01. November 1863 geboren (Vater: Flaschner, Vorname nicht lesbar, Mutter: Mali Reininger), die, lt. Matriken, am 17. April 1864 an akutem Lungenödem stirbt. Entweder es stimmt der Geburtseintrag nicht oder aber es starb die erstgeborene Fanni Flaschner und die Altersangabe 6 Monate ist falsch?
Rosi (Rösl) Flaschner, geb. 29. August 1868 in Eisenstadt Berg (Mutter: Minna Reininger)
Sohn:
Anton Flaschner?, geb. 20. September 1866?, gest. mit 68 Jahren? am 06. September 1929 um 05.45 am Morgen in Eisenstadt.
1. Ehe: geh. 09. Februar 1890 in Oberwart-Eisenstadt Ester Ernestine Rosenberger, Tochter des Lajos Rosenberger und der Julia Bernath aus Szarokö. Anton war lt. Trauungsmatriken bei der Hochzeit 30 Jahre, Ester Ernestine 18 Jahre alt. Anmerkung: Danach müsste Anton Flaschner 1860 geboren sein.
Tochter aus dieser Ehe: Rosa Flaschner, geb. 22. Jänner 1891 in Hornstein, ebd. wohnhaft.
2. Ehe: geh. 22. März 1914 in Eisenstadt Filip(p)ina Bunzl, Tochter des Sigmund Bunzl und der Johanna Prediger, geb. 24. März 1876. Hier ist als Geburtsdatum von Anton Flaschner der 20. September 1866 eingetragen.
Anton als Sohn fraglich, weil: Die Geburt wie in den Trauungsmatriken, weder 1860 noch 1866 (s.u.), konnten wir aufgrund des Fehlens eines Eintrags im Geburtenbuch nicht verifizieren. In den Sterbematriken findet sich nur Anton, der Sohn von Rosalia (!) Flaschner und nicht von “Amalia”.
Exkurs
Die Kinder des Ehepaars Josef und Amalia Flaschner lassen zahlreiche Fragen offen. Grund dafür ist, dass wir in den Matriken sehr oft keinen Vornamen des Vaters und außergewöhnlich viele verschiedene Vornamen der Mutter finden.
Zum Problem Anton Flaschner als Sohn:
Am 15. September 1918 starb Rosalia Flaschner, die offenbar bereits Witwe, aber auch mit einem Josef Flaschner verheiratet gewesen war. Und die, in Wien verstorben, ebenfalls in Eisenstadt begraben wurde (leider findet sich am Friedhof kein Grab von Rosalia Flaschner). Auf der Sterbeanzeige von Rosalia Flaschner findet sich kein Sohn Anton, weshalb oben mit Mutter “Rosalia” ein Fehler im Matrikeneintrag angenommen wurde:
Material und Maße des Grabsteins
Quarzit, 182/62/31
Personenregister jüngerer jüdischer Friedhof Eisenstadt
Eine Zeitungsmeldung, in der Josef Flaschner genannt wird:
Jüdische Presse (Berlin), 16. Jg., Nr. 44 (1885), S. 445:
Eisenstadt, 23. Oktober. (Orig.-Corr.) Nach einer viele Jahrhunderte alten Einrichtung werden die Thore der hiesigen Judengasse an Sabbat und Festtagen abgesperrt, um auch so die Entweihung des Sabbats in Schranken zu halten. Diese Einrichtung wurde vor drei Jahren dadurch gestört, daß ein Nichtjude, welcher ein Haus in der Judengasse kaufte und sich auch dort etablirte, dagegen Protest einlegte, indem er darin eine Störung seines Geschäftes sah. Alle Bemühungen des Gemeindevorstandes scheiterten an dem Starrsinn des genannten Hausbesitzers. Die Judengasse mußte am Sabbat offen bleiben, und am Jom Kippur vor drei Jahren war es das erste Mal, daß derselbe, den Juden zum Trotze, einen Wagen mit größtmöglichem Geräusche mehrmals durch die Gasse fahren ließ. Seit jener Zeit war das Bestreben unseres Herrn Rabbiners darauf gerichtet, das Haus wieder in jüdischen Besitz zu bringen, und endlich wurde dieser Wunsch erfüllt. Durch den plötzlich eingetretenen Tod des genannten Hauseigenthümers wurde das Haus veräußert, und nun wurde kein Geld geschont, um das Haus in den Besitz des früheren Eigenthümers gelangen zu lassen. Ein hervorragendes Mitglied unserer Gemeinde, Herr Josef Flaschner, brachte das Haus käuflich an sich, nachdem der Herr Rabbiner in einer herrlichen Rede die Gemeindemitglieder aufgefordert, alles Mögliche beizutragen, um die Gasse wieder am Sabbat schließen zu können. Am letzten Sabbat war dies das erste Mal wieder der Fall.
S. Goldberger
http://sammlungen.ub.uni-frankfurt.de/cm/periodical/zoom/4813338