Figdor Karoline – 12. März 1898

Figdor Karoline – 12. März 1898

Personenregister jüngerer jüdischer Friedhof Eisenstadt

Karoline / Helene / Leni (Mirjam Lea) Figdor, 19. Adar 658 (= Schabbat, 12. März 1898)

Standortnummer: 909

  • Grabstein Karoline Figdor - 12. März 1898

    Foto 1993

  • Grabstein Karoline Figdor - 12. März 1898

    Foto August 2017

  • Grabstein Karoline Figdor - 12. März 1898

    Foto August 2017

  • Grabstein Karoline Figdor - 12. März 1898

    Foto August 2017

 

Die Grabinschrift

Inschrift Karoline Figdor: Zeilengerechte Transkription und Übersetzung
[1] H(ier liegt) b(egraben) פנ
[2] eine bescheidene und edle Frau, אשה צנועה ויקרה
[3] Frau Mirjam Lea, a(uf ihr sei) F(riede), מרת מרים לאה ע”ה
[4] Tochter des Rabbinischen, des MORENU Esriel Pollak, s(ein Andenken) m(öge bewahrt werden), בת הרבני מוה עזריאל פאללאק זל
[5] Ehefrau des Gerechten, des MORENU Itzik Figdor, s(ein Andenken) m(öge bewahrt werden), אשת הצדיק מוה איצק פיגדור זל
[6] die in ihre Welt einging am 19. Adar 658. שהלכה לעולמה יט אדר תרנח
[7] Unter den Frauen im Zelt sei sie gepriesen. מנשים באהל מברכה
[8] Den Willen ihres Schöpfers tat sie. רצון בוראה עשתה
[9] Ihre Kinder hat sie zur Tora erzogen. ילדיה לתורה גדלה
[10] Von ihrem Brot gab sie dem Armen. מלחמה לדל נתנה
[11] Ihr Herz wich nicht von Gott, לא נסוג אחור לבה
[12] auch nicht in ihrem Alter. אף לעת זקנתה
[13] Bescheiden ging sie mit ihrem Gott. הצנע הלכה עם אלוקיה
[14] I(hre) S(eele) m(öge eingebunden sein) i(m Bund) d(es Lebens). תנצבה
 
 

Anmerkungen

August 2017: Der Grabstein ist zwischen 1995 und 2015 samt Sockel umgestürzt und mehrmals zerbrochen, so massiv, dass er nur schwer identifizierbar war. Die Platte mit der Inschrift ist tw. abgebrochen, von der Inschrift ist kein einziger Buchstabe mehr erkennbar.
Wir werden in den nächsten Wochen zumindest versuchen, die einzelnen Teile so zu legen, dass sie bei Pflegearbeiten in Zukunft nicht noch mehr in Mitleidenschaft gezogen werden.

 

Zeile 2: Babylonischer Talmud, Traktat Schabbat 53b צנועה אשה.

Zeile 4 und 5: MORENU bedeutet wörtlich “u(nser) L(ehrer), H(err)”. Den MORENU-Titel erhielten nur besonders gelehrte Männer, Bernhard Wachstein bezeichnet ihn als “synagogaler Doktortitel” (siehe Bernhard Wachstein, Die Inschriften des Alten Judenfriedhofes in Wien, 1. Teil 1540 (?)-1670, 2. Teil 1696-1783, Wien 1912, 2. Teil, S. 15).

Zeile 7: Vgl. Richter 5,24 “…gepriesen (sei Jael) unter den Frauen im Zelt…” תברך מנשים יעל…. Im Targum zur Stelle wird die Frau als eine interpretiert, die im Bet ha-Midrasch (im Lehrhaus) dient; im Kommentar des Raschi zur Stelle wird die Frau mit den Frauen der Patriarchen, Sara, Rebekka und Lea, gleichgesetzt. Wohl auch als Anspielung auf das “Zelt der Tora” (vgl. Genesis 25,27) zu verstehen; s. auch Babylonischer Talmud, Traktat Nasir 23b.

Zeile 11: Vgl. Psalm 44,19 “Unser Herz ist nicht von Dir gewichen…” לא נסוג אחור לבנו….

Zeile 12: Vgl. Psalm 71,9 “…zur Zeit (meines) Alters…” לעת זקנה….

Zeile 13: Micha 6,8 והצנע לכת; תהלוכות: Das Wort wurde offensichtlich aus Gründen des Reimes gewöhlt (wörtl.: “Bescheiden zu gehen mit Gott, waren ihre Umgänge”). S. dazu babylonischer Talmud, Trakat Makkot 24a “…(das heißt) ‘einem Verstorbenen das Geleit geben und eine Braut unter den Baldachin führen’. Nun ist (durch einen Schluss) vom Leichteren auf das Schwerere zu folgern: wenn die Tora von Dingen, die öffentlich zu erfolgen pflegen, gesagt hat: ‘und bescheiden zu gehen’, um wieviel mehr gilt dies von Dingen, die heimlich erfolgen sollen…” ..זו הוצאת המת והכנסת כלה לחופה והלא דברים ק”ו ומה דברים שדרכן לעשותן בפרהסיא אמרה תורה הצנע לכת דברים שדרכן לעשותן בצנעא על אחת כמה וכמה….

Zeilen 7-13: Akrostichon: Die Anfangsbuchstaben ergeben die hebräischen Vornamen der Verstorbenen (Mirjam Lea).

 

Biografische Notizen

Karoline / Helene (Mirjam Lea) Figdor, geb. 1833?, gest. mit 65 Jahren am 12. März 1898 um 16 Uhr (also schon am 19. Adar) an Lungenentzündung.
Leider findet sich Karoline Figdor nicht in den Geburtsmatriken von Eisenstadt ab 1833. Sie dürfte als “Leni” o.ä. geboren sein, sodass später sowohl der Name “Karoline” als auch “Helene” gebraucht wurde.

Matriken Tod Karoline Figdor

Matriken Tod Karoline Figdor

 

Vater: Israel (Esriel) Pollak, gest. 16. Dezember 1886
Mutter: Katharina Fischer

 

Schwestern:
Nettel Pollak, geb. 18. September 1845 in Eisenstadt, bei der Geburt gestorben

Johanna Pollak, geb. 28. Oktober 1846 in Eisenstadt

 

Brüder:
Samuel J. Pollak, geb. 08. März 1836 in Eisenstadt

Moritz Pollak, 01. Oktober 1837 in Eisenstadt, bei der Geburt gestorben

Herman/Leopold Pollak, geb. 20. September 1839

Salomon Pollak, geb. 21. September 1849 in Eisenstadt, bei der Geburt gestorben

 

Ehemann: Igna(t)z Figdor, Schnittwarenhändler, geb. in Eisenstadt, geh. 29. Juni 1854 in Eisenstadt, wh.: Eisenstadt 30, Sohn des A(h)ron Figdor, gest. 19. August 1869, und der Franziska (Fradel) Figdor, gest. 13. November 1847, beide begraben am älteren jüdischen Friedhof in Eisenstadt. Ignaz war bei der Hochzeit 32 Jahre, Helene 21 Jahre alt, beide ledig.

Matriken Matriken Hochzeit Helene Figdor und  Igna(t)z Figdor

Matriken Matriken Hochzeit Helene Figdor und Igna(t)z Figdor

 

Tochter:
Franziska (Fradel) Figdor, geb. 18. Mai 1855 in Eisenstadt, Judengasse 3

Matriken Geburt Franziska (Fradel) Figdor

Matriken Geburt Franziska (Fradel) Figdor

 

Söhne:
Samuel Figdor?, geb. 01. August 1856 in Eisenstadt 3? (Mutter: Leonora)

Matriken Geburt Samuel Figdor

Matriken Geburt Samuel Figdor

 

Wolf Moses Figdor, geb. ?. August 1859 in (Leitha)prodersdorf

Matriken Geburt Wolf Moses Figdor

Matriken Geburt Wolf Moses Figdor

 

Johann Figdor, geb. 11. Jänner 1867 in Leithaprodersdorf

Matriken Geburt Johann Figdor

Matriken Geburt Johann Figdor

 

Material und Maße des Grabsteins

Kalksandstein, 170/62/20

 

Personenregister jüngerer jüdischer Friedhof Eisenstadt

 

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