Josef (Jüdel) Schlesinger, 19. Kislew 630 (= Dienstag, 23. November 1869)
Z-46 (Wachstein 1056)
Die Grabinschrift
[3] E(s ist) d(er) Erhabene, d(er ehrbare) H(err) Jüdel Schlesinger. S(eine Seele) g(ing hinweg) am Tag 3 (= Dienstag), | ה”ה הנעלה כ”ה יידל שלעזינגער י”נ יום ג’ |
[2] 12. Kislew 630 n(ach der) k(leinen) Z(eitrechnung). | י”ב כסלו תר”ל לפ”ק |
[3] H(ier ist) b(egraben). | פנ |
[4] Gerechtigkeit, seine Güte und seine Rechtschaffenheit gehen vor ihm einher. | יהלך לפניו צדקת טובו וישרו |
[5] Er verstand es, gegen seinen Trieb anzukämpfen und ihm zu widerstehen. | ידע ללחום ולעמוד נגד יצרו |
[6] Sein Begehr war danach gerichtet die Erkenntnis der Verständigen zu verstehen. | דעת נבונים הי’ חשקו להבינם |
[7] Er liebte es sehr, den redegewandten Zungen zuzuhören. | לשון למודים אהב מאד להאזינם |
[8] Bis dass erwachen werden die Bewohner des Staubes gemeinsam, | עד כי יקיצו שוכני עפר יחד |
[9] wird er ruhen, sicher und ruhig und sorglos. | הוא ינוח בטח ושאנן בלי פחד |
[10] I(hre) S(eele) m(öge eingebunden sein) i(m Bund) d(es Lebens). | תנצב”ה |
Anmerkungen
Der Grabstein konnte nur aufgrund der noch vorhandenen hebräischen Nummer תתקטו identifiziert werden, die Abschrift entspricht damit im Wesentlichen der Abschrift Wachsteins. Allerdings darf die Zeilengerechtigkeit (die Wachstein wie meist nicht berücksichtigt) als gesichert gelten, da wir zufällig ein Foto aus 1995 besitzen, auf dem die Inschrift noch besser zu lesen ist als heute (siehe oben).
Außerdem sind die korrekten Zeilenenden durch die Reimformen und die Zeilenanfänge durch das Akrostichon יידל עה (Vorname und Segenswunsch) sehr wahrscheinlich.
Zeile 4: Psalm 85,14 צֶ֭דֶק לְפָנָ֣יו יְהַלֵּ֑ךְ “Heil geht vor ihm einher”.
Zeile 5: S. Pirke Avot (Sprüche der Väter) 4,1 הַכּוֹבֵשׁ אֶת יִצְרוֹ “Wer seinen Trieb überwindet”.
Zeile 7: Jesaja 50,4 לְשׁ֣וֹן לִמּוּדִ֔ים “eine Zunge wie sie Schüler/Jünger haben”.
Zeile 8: S. Jesaja 26,19 הָקִ֨יצוּ וְרַנְּנ֜וּ שֹׁכְנֵ֣י עָפָ֗ר “Erwachet und jubelt, die ihr ruhet im Staube”.
Zeile 9: Ijob 39,16 בְּלִי־פָֽחַד “ohne Kummer”.
Zeile 4 – 9: Akrostichon: Die Anfangsbuchstaben ergeben den hebräischen Vornamen des Verstorbenen (Jüdel) sowie den Segenswunsch “auf ihm sei der Frieden”.
Biografische Notizen
Josef (Jüdel) Schlesinger, geb. ca. 1819 in Kobersdorf, Hausierer (nota bene: bei seiner Ehefrau Scheva, s.u., steht “Handelsmannfrau”), gest. 19. Kislew 630 = Dienstag, 23. November 1869 mit 56 Jahren an Lungentuberkulose in Eisenstadt, Obere Judengasse 15.

Sterbedatum: Wachstein gibt als Datum 12. Kislew und daher 16. November an. Da aber sowohl der 12. als auch der 19. Kislew ein Dienstag waren, nehme ich an, dass eine Verlesung von Wachstein vorliegt, der wahrscheinlich יב 12 statt יט 19 liest (s. Wachstein B., Die Grabinschriften…,a.a.O., 221).
Ehefrau: Scheva Schlesinger, gest. 21. Juni 1865
Das Ehepaar ist nebeneinander begraben (siehe Foto oben).
Personenregister älterer jüdischer Friedhof Eisenstadt