Über die Kategorie “Bagatellen”
Ein Grabstein, der keiner ist
Es handelt sich offenbar um ein Requisit aus einem Theater, das 2021 in Niederösterreich gefunden wurde und über Umwege ins Österreichische Jüdische Museum gelangte.
Material: Polystrol, Maße (H/B/T): 120/60/20, Gewicht: 9.4kg, 20./21. Jh

Die Inschrift
[1] […] und klei[d]ete die Barfüßigen. | ]ה.ש]יל והל[ב]יש יחפים |
[2] Er [ließ] das Leben [für uns], | [שבק לנו] חיים |
[3] alt und satt an Tagen. | זקן ושבע ימים |
[4] […] | […] |
[5] Es klagten über ihn alle Armen. | יספדוהו ]כל] חלכה |
[6] Alle, die verfolgten […] | וכל רוד[פי] […]מים |
[7] Sie haben angehoben Klage und ein Wehgeschrei: | ירומו קינה וצוחה |
[8] [Trauer] über den Toten. | [א]בל על הנעלמים |
[8] S(eine) S(eele) m(öge eingebunden sein) i(m Bund) d(es Lebens). | תנצב”ה |
Anmerkungen
Die Inschrift muss, soweit aus den lesbaren Teilen ableitbar, von einer “echten” Grabinschrift abgeschrieben oder zumindest beeinflusst worden sein.
Zeile 2: S. Babylonischer Talmud, Traktat Berachot 61b לָא שָׁבֵיק מָר חַיֵּי לְכׇל בְּרִיָּה? “Der Meister lässt ja keinem Geschöpf das Leben”.
Zeile 3: Genesis 35,29; Ijob 42,17 ושבע ימים; ähnlich 1 Chronik 23,1.
Zeile 5: Wörtlich etwa “einer der Armen” של חלכאים.
Zeile 6: Lesung des Fragments des Schlusswortes dieser Zeile unsicher, da meist רודפי im Zusammenhang mit רודפי צדקות “verfolgte die Wohltaten” o.Ä. zu finden. Auch ימים kommt eher nicht in Frage, also “verfolgte die Wohltaten alle Tage”.
Zeile 8: Wörtlich: “den Verborgenen / Verschwundenen” .
Vielen Dank an Claudia Markovits-Krempke, Israel, fürs Gegenlesen und ihre Interpretationsideen!
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