Staré Město pod Landštejnem in Mähren (Tschechien), nur 22 km vom österreichischen Haugschlag im Waldviertel entfernt.
Diese “Alte Stadt” (Staré Město) mit heute 471 Einwohner:innen wurde um 1170 gegründet, ab 1600 etwa ist eine jüdische Gemeinde belegt, die eine der ältesten jüdischen Gemeinden Südböhmens war.
Zu Beginn des 19. Jahrhunderts lebten im Ort ca. 20-25 jüdische Familien, ab der Mitte des 19. Jahrhunderts kam es zu einer Abwanderungswelle, in den 1890er Jahren löste sich die jüdische Gemeinde auf, 1925 gab es nur mehr vier jüdische Familien im Ort.
Da auch das Gemeindearchiv 1830 einem Großbrand zum Opfer fiel, ist der jüdische Friedhof etwas außerhalb von Staré Město das einzige sichtbare Zeichen der jüdischen Vergangenheit des Ortes.
Der älteste Grabstein ist aus dem Jahr 1621 (ich konnte ihn leider noch nicht orten).
Selbstverständlich denken wir, wenn wir von jüdischen Gemeinden im böhmischen und mährischen Grenzland im ausgehenden 17. Jahrhundert sprechen, vor allem an die Vertreibung der Juden aus Wien. 1670/71 hatte für die Judengemeinden in Wien und dem Lande unter der Enns (dem heutigen Niederösterreich) die letzte Stunde geschlagen. Bis zuletzt hatten die Wiener Juden gehofft, die Austreibung abwenden zu können, aber weder internationale Interventionen noch ein den Juden gut gesonnenes Gutachten des Orientalisten und Hebraisten Johann Christoph Wagenseil konnte die Juden in Wien retten. Das Ausweisungsdekret datiert mit 28. Februar 1670 und fordert alle Juden auf, bis am Tag vor Fronleichnam Wien zu verlassen.
Durch den Zuzug von Wiener Exulanten auf deutsch-westungarisches Gebiet entstanden einerseits neue jüdische Gemeinden (z.B. Deutschkreutz), andererseits wurden Gemeinden, die zwischenzeitlich aufgelassen waren, wiederbesiedelt (z.B. Eisenstadt).
Viele Exulanten kamen in das böhmische und mährische Grenzland, jüdische Gemeinden entstanden nach 1670 in Unterwölking (Dolní Bolíkov), Piesling (Písečné), Althart (Staré Hobzí) oder besonders bedeutend Schaffa (Šafov).
Die erwähnten Gemeinden, inklusive Staré Město, liegen sehr nahe beieinander, innerhalb einer Entfernung von unter 70 Kilometern.
Auch am kleinen jüdischen Friedhof von Staré Město mit ungefähr 150 Grabseinen finden wir viele deutsche Namen (und zumindest “auch” deutsche Inschriften): Zeilinger, Korn Mandl, Lieblich, Schiller, Weiss, Schwarz, Fleischer, Steiner… und ich muss auf jeden Fall noch einmal hinfahren um die restlichen Grabsteine zu fotografieren und so manche Grabinschrift mit Kreide besser lesbar zu machen.