Philipp (Lipman) Schlesinger (Güns), 29. Siwan 609 (= Montag Abend, 18. Juni 1849)
B-4 (Wachstein 869)
Die Grabinschrift
[1] D(er angesehene) H(err), der Toragelehrte, d(er ehrbare) H(err), H(err) Lipman Güns. | ה”ה התורני הר”ר ליפמן גינז |
[2] S(eine Seele) g(ing hinweg) am Dienstag, V(orabend des) N(eumond)t(ages) Tamus 609 n(ach der) k(leinen) Z(eitrechnung). | י”נ יום ג’ ער”ח תמוז שנת תר”ט לפ”ק |
[3] H(ier ist) g(eborgen). | פ”ט |
[4] Hier ruht und zu seinem Platz zurückkehrte | פה ינוח ואל מקומו שב |
[5] der Geist. Ein lauterer und aufrechter Mann, er wandelte | הרוח איש תם וישר הלך |
[6] rechtschaffen. Die Gedanken seines Herzens waren nur gut. | תמים ומחשבות לבו רק טוב |
[7] Alle Tage war er befasst mit der Tora | כל הימים עסק בתורה |
[8] und mit den Geboten, bis zum Tag seines Todes, bis genommen hat ihn Gott, um ihm Güte zu gewähren | ובמצות עד יום מותו עד לקח אותו אלקים להטיב |
[9] an seinem Ende. | אחריתו |
[10] S(eine) S(eele) m(öge eingebunden sein) i(m Bund) d(es Lebens). | תנצב”ה |
Anmerkungen
Zeile 4/5: Vgl. Kohelet 1,5 und 1.6: 1,5: …ואל מקומו… “(atemlos jagt sie [die Sonne] zurück an den Ort, (wo sie aufgeht.) und 1,6: שב הרוח “(Weil er sich immerzu dreht), kehrt er zurück, der Wind”.
Die Grabinschrift ist ein wörtliches Zitat aus der Auslegung zu Kohelet von Rabbi Josef Kara ben Simon ben Chelbo (Nordfrankreich Ende 11., Anfang 12. Jahrhundert), wo es zur Stelle heißt: אל מקומו שב הרוח mit weiterem Verweis auf Exodus 27,2 usw.
Ähnlich auch Dvarim Tovim (“Gute Worte”) zu Kohelet 1,6:1 von Moshe Alshich (Alshech) (1508-1593), bekannt auch als “Alshich Hakadaosh” (Alshich, der Heilige): שב הרוח אל מקומו (nach: Sifrei Alshich on the Five Megillot, Warschau 1862).
Zeile 5/6: Ijob 1,8 איש תם וישר und Psalm 15,2 הולך תמים.
Zeile 6: Psalm 33,11 מחשבות לבו.
Zeile 8/9: S. u.a. Machsor Jom Kippur, Musafgebet, Wiederholung der Amida 58, 64 etc. לְהֵיטִיב אַחֲרִיתוֹ.
Biografische Notizen
Philipp (Lipman) Schlesinger (Güns), geb. ca. 1773 in Eisenstadt, Lehrer, gest. 29. Siwan 609 = Montag Abend, 18. Juni 1849 (das war schon der 29. Siwan), mit 76 Jahren an Schleichfieber, begraben am 19. Juni 1849 am älteren jüdischen Friedhof in Eisenstadt
Erscheint in den Archivalien als Lehrer, ebenso in Matrik. Vermutlich Sohn des Ahron Lipman, somit ein Brudersohn von Nr. 686 [Rösel Güns]…
Wachstein B., Die Grabinschriften …, a.a.O., 262
Ehefrau: Nanette (Ester) Schlesinger (Güns), gest. 23. April 1860
Personenregister älterer jüdischer Friedhof Eisenstadt