Personenregister neuer jüdischer Friedhof Nikolai (Mikołów)
Der Grabstein befindet sich am neuen jüdischen Friedhof Nikolai (Mikołów), Polen. Das Foto wurde mir vom Nikolaier Geschichtsverband (Mikołowskie Towarzystwo Historyczne) zur Verfügung gestellt, der auch alle Rechte am Foto hat.
Elkel, Tochter Gerschon, 18. Schvat 538 (= Sonntag, 15. Februar 1778)

Die hebräische Grabinschrift
| [1] Hier ist geborgen | פ”ט |
| [2] die vornehme Frau, | האישה חשובה |
| [3] die Bescheidene und die Fromme, | הצנועה והחסידה |
| [4] Frau Elkel, Tochter | מרת עלקל בת |
| [5] des ehrenwerten Herrn, Herrn Gerschon, sein Andenken möge bewahrt werden, | כהרר גרשון ז”ל |
| [6] die in ihre Welt ging | שהולכה לעולמה |
| [7] am 1[8]. Schvat 538 | י[ח] שבט ת”ק”ל”ח |
| [8] nach der kleinen Zeitrechnung und begraben wurde | לפ”ק וניקברת |
| [9] mit gutem Namen. | בשם טוב |
| [10] I(hre) S(eele) m(öge eingebunden sein) i(m Bund) d(es Lebens). | ת’נ’צ’ב’ה |
Anmerkungen
Zeile 1: Die Einleitungsformel wird im Hebräischen meist abgekürzt: פ”ט = פה טמונה “Hier ist geborgen”.
Zeile 2: S. u.a. babylonischer Talmud, Traktat Pesachim 110a: וְאִם אִשָּׁה חֲשׁוּבָה הִיא — צְרִיכָה הֲסִיבָּה. “…ist sie eine vornehme Frau, so benötigt sie des Anlehnens.”
Zeile 5: Die hebräische Abkürzung כהרר wird aufgelöst in כבוד הרב רבי oder כבוד הרב רבינו, wörtlich: “der ehrenwerte Herr, Herr” oder “der ehrenwerte Herr, unser Meister”.
Der Segenswunsch nach dem Vornamen Gerschon ז”ל wird im Hebräischen meist abgekürzt und aufgelöst in זכרונו לברכה und mit “sein Andenken zum Segen” o.ä. übersetzt. Natürlich ist dieser Segenswunsch ein klares Signal dafür, dass der Vater zum Zeitpunkt des Ablebens seiner Tochter auch bereits verstorben war.
Zeile 7: Auf der “Einerzahl” des Sterbetagdatums liegt der Rest von einem Blatt o.Ä. und das ח ist nicht eindeutig zu erkennen. Dennoch ist vollkommen klar, dass es sich nur um ein ח handeln kann, das Sterbedatum also der 18. Schvat ist. Denn der 15. Schvat würde niemals mit יה (10 + 5), sondern immer mit טו (9 + 6) geschrieben werden. Um jede Assoziation mit dem Tetragramm des Gottesnamens zu vermeiden.
Zeile 8: Die übliche hebräische Abkürzung לפ”ק wird aufgelöst in לפרט קטן (lifrat katan) und bedeutet “nach der kleinen Zählung”, also dass der Tausender der Jahreszahl nicht geschrieben wird. Im konkreten Fall: 538 und nicht 5538.
Zeile 9: Vgl. Babylonischer Talmud, Traktat Berachot 17a “…Heil dem, der…mit gutem Namen gestorben ist…” …אשרי…שנפטר בשם טוב; vgl. auch babylonischer Talmud, Traktat Avot II,8 “…hat er einen guten Namen erworben, hat er etwas für sich erworben” …קנה שם טוב, קנה לעצמו…. Der gute Name kommt im Gegensatz zu allen anderen geistigen und sittlichen Gütern fast ausschließlich dem Besitzer zugute und bleibt auch nach dem Tod sein eigen (Hirsch Samson Raphael, Siddur. Israels Gebete, Zürich-Basel 1992, 443); s. auch Avot IV, 7 “… Drei Kronen gibt es: die Krone der Tora, die Krone des Priestertums und die Krone des Königtums; die Krone des guten Namens aber erhebt sich über sie” … שלשה כתרים הן: כתר תורה וכתר כהונה וכתר מלכות: וכתר שם טוב עולה על גביהן.
Zeile 10: Die sogenannte Schlusseulogie (“das gute Wort am Ende der Inschrift”) ist eigentlich ein Zitat aus 1 Samuel 25,29, wo Abigail zu David sagt: “so soll das Leben meines Herrn eingebunden sein in das Bündel der Lebendigen” וְֽהָיְתָה֩ נֶ֨פֶשׁ אֲדֹנִ֜י צְרוּרָ֣ה ׀ בִּצְר֣וֹר הַחַיִּ֗ים .
Biografische Anmerkung
Elkel, Tochter Gerschon, gestorben 18. Schvat 5538 = Sonntag, 15. Februar 1778
Personenregister neuer jüdischer Friedhof Nikolai (Mikołów)